Gemeinschaftseigentum: Mehrere Abnahmen

Mängel an Immobilien gibt es häufig. Was aber, wenn die Probleme am Gemeinschaftseigentum auftreten? Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa-tmn


Wird ein Mehrfamilienhaus mit Eigentumswohnungen gebaut, müssen gleich mehrere Käufer nicht nur ihre Wohnung, sondern auch das Gemeinschaftseigentum abnehmen. Das kann mitunter kompliziert werden.

Kein Haus wird völlig mängelfrei gebaut, das zeigt eine regelmäßige Auswertung des Bauherren-Schutzbundes. Für solche Fehler am Bau haftet der Bauträger – auch noch nach der Abnahme. Vergleichsweise unkompliziert ist die Rechtslage, wenn nur ein Häuslebauer sein Eigenheim übernimmt. Doch bei einem Mehrfamilienhaus sind mehrere Käufer beteiligt. Dann ist die Frage, wann für die Abnahme des Gemeinschaftseigentums die Verjährungsfrist endet.

„Zum Gemeinschaftseigentum zählt alles, was nicht ausschließlich der Nutzung eines einzelnen Eigentümers unterliegt“, erklärt Hans-Ulrich Niepmann, Verbandsanwalt des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen. Etwa Grundstück, Dachboden oder Treppenhaus, aber auch die gesamte Gebäudesubstanz mit Fenstern, Rollläden oder Außentüren.

Der Bauträger haftet nach Werkvertragsrecht: Zuerst ist er dafür verantwortlich, das Gebäude vertragsgemäß zu errichten und nach der Fertigstellung muss er für Mängel einstehen. Das  erklärt Holger Freitag, Vertrauensanwalt des Verbands Privater Bauherren. „Diese muss er auf seine Kosten nachbessern – und zwar innerhalb einer angemessenen Frist, die ihm vom Berechtigten zu setzen ist.“ Fünf Jahre haben Eigentümer, um Mängel anzumelden.


Verlängerte Fristen durch versetzte Abnahme


Die Gewährleistungsfrist beginnt mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den Wohnungskäufer. Und hier wird es kompliziert, denn ein Anspruch auf Mängelhaftung ergibt sich aus jedem einzelnen Kaufvertrag. Der Bauträger brauche daher eine Abnahme von jedem einzelnen Eigentümer, berichtet Rechtsanwältin Petra Sterner, Mitglied im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein.

„Gerade bei großen Wohneigentumsanlagen kann das für den Bauträger zum Problem werden“, sagt sie. „Finden die Abnahmen nämlich zeitversetzt statt, fangen die Gewährleistungsfristen am Gemeinschaftseigentum entsprechend zeitversetzt an zu laufen.“ So kann ein Käufer die Abnahme im Januar machen, ein anderer erst im Juni. Für den Bauträger bedeutet das unter dem Strich eine um ein halbes Jahr verlängerte Frist.

Für die Käufer ist das nicht schlecht, denn solange auch nur bei einem Eigentümer die Gewährleistung noch läuft, können sie gegenüber dem Bauträger darauf pochen, dass dieser Baufehler am Gemeinschaftseigentum behebt. Er muss das aber nicht alleine durchfechten. „In der Praxis bevollmächtigen viele Eigentümergemeinschaften beziehungsweise deren Mitglieder durch einen Heranziehungsbeschluss einen Verwalter dazu, den Anspruch durchzusetzen“, so Sterner.


Bauträger haben das Nachsehen


Den Unternehmen tut die aktuelle Rechtslage dagegen richtig weh. „Vor allem bei kleineren Mängeln wird es mit der Zeit immer schwieriger abzugrenzen, was schon vorher mangelhaft war und was durch die Benutzung entstand“, erklärt Niepmann. „Aber vor allem kann das Unternehmen das Projekt wirtschaftlich nicht abschließen und seinen Gewinn rausziehen.“ Der Bauträger hat daher natürlich ein Interesse, die Abnahmen möglichst gleichzeitig zu legen.

Mancher hat bereits versucht, seine Haftungszeit zu begrenzen. Nicht die einzelnen Käufer sollten die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durchführen, sondern eingesetzte Hausverwalter oder ein Sachverständiger. Der Kaufvertrag schloss mitunter sogar einen Widerruf dieser Abnahme durch den Käufer aus. „Aber rechtlich ist es nicht möglich, die Haftungsfrist zu verkürzen. Solche Klauseln im Kaufvertrag sind unwirksam“, sagt Niepmann.

Entsprechend hat sie der Bundesgerichtshof kassiert. Auch in bereits unterschriebenen Kaufverträgen ist so etwas nichtig. „Dann kommt in der Regel auch keine schlüssig erklärte Abnahme in Frage“, so Freitag. „Denn Einzug und Zahlung der entsprechenden Raten deuten nicht darauf hin, man wolle damit zugleich erklären, das Werk sei im Wesentlichen akzeptiert. Damit würde die Verjährung für Mängel überhaupt nicht anzulaufen beginnen.“


Unklare Rechtslagen


Wie lange ein Bauträger Fehler in solchen Fällen noch beseitigen muss, ist derzeit unklar. Gerichte haben dazu zuletzt unterschiedlich entschieden. Und ein höchstrichterliches Urteil, ob die Käufer auch noch nach vielen Jahren vom Bauträger die Herstellung eines abnahmefähigen Werks verlangen können oder wie weit der Herstellungsanspruch dann noch reicht, steht noch aus, so Sterner.

Unsicher ist auch die Regelung zur Gewährleistungsfrist bei sogenannten Nacherwerbern. Wer zum Beispiel zwei Jahre nach der Übergabe eine Wohnung kauft, muss ebenfalls seinerseits das Gemeinschaftseigentum abnehmen und hat dann fünf Jahre lang Anspruch auf Mängelhaftung. „Eine Regelung im Vertrag, mit der der Käufer die schon zuvor erfolgte Abnahme des Gemeinschaftseigentums akzeptieren muss, ist nicht wirksam“, sagt Rechtsanwältin Sterner.

Für die meisten Wohnungskäufer dürfte es eine Herausforderung sein, Baumängel überhaupt festzustellen, etwa an Wärmedämmung oder technischen Anlagen. Daher empfiehlt es sich, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. „Beim Gemeinschaftseigentum können sich die Käufer sogar zusammenschließen und die Kosten teilen. Bestenfalls überwacht dieser sogar schon die einzelnen Bauabschnitte“, empfiehlt Sterner. (dpa)