„Alte Dorfmühle“: Vergangenheit und Gegenwart vereint

Die „Alte Dorfmühle“ ist ein Gebäudekomplex, dessen drei Bauten ineinander übergehen.

Die „Alte Dorfmühle“ ist ein Gebäudekomplex, dessen drei Bauten ineinander übergehen. Foto: srä

 

VON STEPHANIE BRÄUNLING

Mehr als 30 Mühlen gab es einst an dem gerade mal 39 Kilometer langen Eckbach, der in Carlsberg entspringt und bei Worms in den Rhein fließt. Viele Betriebe sind im Zuge der Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts dem großen Mühlensterben zum Opfer gefallen. Auch die Dorfmühle in Großkarlbach war davon betroffen. Aufgrund einer Bürgerinitiative wurde sie wiederbelebt und ein Mühlenmuseum in dem Anwesen  eingerichtet, ebenso wie Räume für Senioren, Jugend, den Bürgermeister und Tagungen. Und neben der historischen Mühlentechnik können sich Paare sogar standesamtlich trauen lassen.

„Die Dorfmühle war eine Bannmühle für Getreide“, erzählt Ortsbürgermeister Paul Schläfer. „Das bedeutet, dass die Dorfbewohner dazu verpflichtet waren, ihr Korn ausschließlich hier verarbeiten zu lassen.“ Wann genau die Mühle erbaut wurde, sei ungewiss. Die in den Türsturz eingemeißelte Jahreszahl 1602 könne das Erbauungs-, aber auch bereits ein Renovierungsjahr sein.

Gemahlen wurde damals noch mit Mahlgängen, das Mahlgut mithilfe zweier Mühlsteine zerkleinert. „Das war wartungsintensiv und wasserabhängig“, erklärt Thomas Hansemann, der Vorsitzende des Fördervereins Dorfmühle Leiningerland. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts habe sich die Technik jedoch weiterentwickelt. Mühlsteine wurden von Metallzylindern abgelöst, die auch im großen Umfang industriell eingesetzt werden konnten, Dampfmaschinen ersetzten die Wasserkraft. „Wer nicht bereit war, auf neue Technik umzustellen, hatte keine Chance mehr“, so Hansemann.

Mitte des 19. Jahrhunderts habe die Gemeinde die Mühle gekauft. „Als sie sich nicht mehr getragen hat, wurde die Mühlentechnik entsorgt und Sozialwohnungen eingerichtet“, erzählt Schläfer. „Auch ein kleines Gefängnis war in dem vorderen Raum.“ Da jedoch keine Einnahmen da waren, wurde auch nichts investiert. „Außen war das Gebäude noch einigermaßen in Ordnung, innen war der Zustand der Bausubstanz jedoch dramatisch“, sagt Hansemann.

Im Jahr 2000 habe dann eine Bürgerinitiative darauf gedrungen, die Mühle zu restaurieren und ein Mühlenmuseum einzurichten. „Daraufhin wurde ein Gesamtkonzept für den Gebäudekomplex entwickelt“, erklärt Schläfer. Weil neben dem Mühlenmuseum noch die Amtsstube des Bürgermeisters, jeweils eigene Räumlichkeiten für Senioren und Jugendliche sowie ein Mehrzweckraum darin untergebracht wurden, sei dieses Konzept als förderungswürdig betrachtet worden. „Deshalb haben wir erhebliche Zuschüsse und staatliche Mittel bekommen“, ergänzt er. 

Viele Arbeiten in Eigenleistung erbracht

„Ein ganz großer Anteil wurde jedoch in über 10.000 Arbeitsstunden Eigenleistung erbracht“, hebt Hansemann hervor. Der ortsansässige Restaurator Hubert Schneider habe gemeinsam mit rund 60 ehrenamtlichen Helfern von den Arbeiten im Museumsteil bestimmt 95 Prozent, vom gesamten Abriss und Wiederaufbau des Gebäudes ein Viertel bewältigt. Das habe auch ein paar Jahre gedauert. „Da gab es die ,Rentnergang‘, die hat sich jeden Samstag um 8 Uhr getroffen und um 12 Uhr den Hammer fallen lassen“, erinnert sich Hansemann, der ebenfalls mit von der Partie war. Alles sei entkernt worden, nur noch die Stützbalken blieben stehen. Sogar die Geschossdecken wurden neu eingezogen.

Für den Einbau der ganzen Mühlentechnik war das von Vorteil: „Sie geht über drei Stockwerke, und wir konnten den Holzboden so verlegen, dass an den erforderlichen Stellen Lücken waren“, so Hansemann. „Von der ursprünglichen Mühle war ja nichts mehr da, alle hier eingebauten und ausgestellten Geräte stammen von anderen stillgelegten Mühlen, bei denen wir angefragt hatten“, führt Hansemann weiter aus. Hubert Schneider habe einen sehr detaillierten Plan ausgetüftelt, wo die einzelnen Geräte für eine funktionsfähige Mühle sowie weitere historische Ausstellungsstücke stehen sollten.

Speziell für die Schaumühle angefertigt wurde lediglich das große Antriebsrad, was mit der Antriebswelle und draußen mit dem Wasserrad verbunden ist. Letzteres wird ebenso wie die beiden ursprünglichen Mühlräder oberschlächtig angetrieben und vom Wasser des Eckbachs gespeist. Ein voll funktionsfähiger Mahlgang, der durch das Mühlrad angetrieben wird, veranschaulicht nun die damalige Arbeitsweise.

Neben der Mühlentechnik gibt es im Mühlenmuseum noch eine weitere Besonderheit: Das Standesamt Leinigerland hat hier eine Außenstelle für Trauungen eingerichtet. „Um die 60 Paare geben sich jedes Jahr vor diesen historischen Geräten das Ja-Wort“, berichtet der Ortsbürgermeister.