Baukindergeld als Sahnehäubchen

Bank KfW

Das Baukindergeld wird über die staatliche Bank KfW beantragt. Foto: dpa

 

VON HANS PETER SEITEL


Der Start des Baukindergeldes Mitte September 2018 hat einen Ansturm von Antragstellern auf den Zuschuss für Wohneigentum ausgelöst. Bis Dezember 2018 gingen 48.000 Förderanträge bei der staatlichen KfW-Bank ein. Doch es mehren sich kritische Stimmen. Verbraucherschützer warnen vor einer „Darlehensfalle“, sobald nach Wegfall des Zuschusses die Anschlussfinanzierung ansteht.

Tatsache ist: Der Traum von den eigenen vier Wänden scheitert oft am Geld. Da sind die 12.000 Euro Baukindergeld für jedes Kind unter 18 Jahren, ausgezahlt über zehn Jahre in gleichen Raten von je 1200 Euro, sehr willkommen. Die Förderung gibt es für den Bau oder Kauf einer selbst genutzten Wohnimmobilie, wenn das Jahreseinkommen bis zu maximal 75.000 Euro plus 15.000 Euro pro Kind beträgt. „Natürlich spricht nichts dagegen, das Geld mitzunehmen, wenn die Finanzierung im Prinzip steht. Eine maßgebliche Größe bei der Entscheidung für eine Immobilie sollte das Baukindergeld aber nicht sein“, sagt Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg. Und Immobilienexperte Jörg Sahr von der Stiftung Warentest empfiehlt, „die Finanzierung so durchzurechnen, als ob es das Baukindergeld nicht gäbe“. Der Förderbetrag könne für Sondertilgungen eingeplant werden.

Verbraucher könnten ein zu hohes Darlehen aufnehmen

Ob solche Ratschläge fruchten, hängt von jedem selbst ab. „Die Finanzindustrie hat mit dem Baukindergeld vom Staat ein neues Verkaufsargument erhalten. Es scheint, als ob Kreditinstitute und Bausparkassen nun die jungen Familien ins Visier nehmen, die sich bislang Wohneigentum nicht leisten konnten“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Seine Sorge: „Genau diesen Familien droht eine Darlehensfalle.“ Nämlich dann, wenn sie sich auf eine Verschuldungshöhe einließen, die so hoch ist, dass sie nach Wegfall der staatlichen Fördermittel in zehn Jahren nicht mehr bedient werden könne. Er macht folgende Beispielrechnung auf: Eine Familie überweist zehn Jahre lang für Zins und Tilgung jährlich auch die 1200 Euro Baukindergeld für ein Kind an die Bank. Bei einem Sollzinssatz von nominal 1,5 Prozent und einer anfänglichen Tilgung von 2 Prozent könne sie ein zusätzliches Darlehen von rund 34.000 Euro schultern. Nauhauser: „Das Problem ist: Nach den zehn Jahren bleibt bei diesen Zins- und Tilgungssätzen eine Restschuld von rund 27.000 Euro übrig. Das Baukindergeld von 12.000 Euro reduziert die Schulden nur um 7000 Euro.“

Dass Kreditnehmer in eine Darlehensfalle tappen könnten, sieht auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Verbraucher werden vom Baukindergeld eventuell verleitet, ein höheres Darlehen aufzunehmen, als sie sich langfristig leisten können“, sagt VZ-Immobilienfachmann Thomas Hentschel. Das zeige sich nach Wegfall des Zuschusses in zehn Jahren: „Dann muss das Darlehen aus dem Netto-Haushaltseinkommen finanziert werden – was vor allem schwierig wird, wenn der Sollzins bis dahin deutlich steigen sollte, mit entsprechend höherer monatlicher Belastung“, warnt Hentschel.

Wie viel Entlastung das Baukindergeld bringt, ist regional verschieden

Eine Faustregel der Verbraucherzentralen lautet: Die monatliche Belastung durch Zins und Tilgung plus den laufenden Unterhaltungskosten für die Immobilie sollte auf nicht mehr als rund 40 Prozent des monatlichen Netto steigen. „Davon kann man aber individuell abweichen, weil der Lebensstandard immer eine persönliche Sache ist. Der berühmte Schwabe, der sehr sparsam lebt, kann möglicherweise auch eine Belastung von 50 oder 60 Prozent schultern, bei anderen ist die Grenze schon bei 30 Prozent des Einkommens erreicht“, meint Nauhauser.

Zu bedenken ist zudem: Wie viel (relative) Entlastung das Baukindergeld bringt, ist regional verschieden. „In manchen Städten mit sehr angespannter Wohnsituation ist das Baukindergeld nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wohnt jemand aber in einer Gegend mit niedrigen Preisen, und bringt er hohes Eigenkapital mit, kann der Zuschuss zur Gesamtfinanzierung viel beitragen“, sagt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest.