Hausbau: Mängel schon vor der Abnahme beanstanden

Bauabnahme

Idealerweise sollten nicht erst bei der Bauabnahme Mängel reklamiert werden. Foto: dpa

 

VON HANS PETER SEITEL

Das seit 2018 gültige Bauvertragsrecht sieht nach dem Abschluss der Bauarbeiten eine rasche Bauabnahme vor. Erfolgt die Mängelanzeige nicht binnen weniger Tage, gilt das Bauwerk als abgenommen. Wer nicht rasch reklamiert, geht leer aus.

Bisher war es so: Das Bauwerk galt als fertiggestellt, wenn es ohne wesentliche Mängel errichtet wurde. Bis das feststand, konnte viel Zeit vergehen. Nach dem neuen, seit Anfang 2018 geltenden Recht genügt es für die Fertigstellung nun, dass das Werk „im Wesentlichen abgearbeitet wurde“. Auf diesen Unterschied macht die Rechtsanwaltskammer Koblenz aufmerksam. Möchte der Bauherr einen Mangel rügen, muss er ihn binnen weniger Tage benennen.

Hier kommt die sogenannte fiktive Abnahme ins Spiel. Das bedeutet: Nach der Fertigstellung des Bauwerks setzt der Unternehmer dem Bauherren eine angemessene Frist zur Abnahme. „Angemessen“ sind laut Verband Privater Bauherren (VPB) im Schnitt zehn bis 14 Tage. Rügt der Bauherr innerhalb dieser Zeitspanne „nicht wenigstens einen Mangel oder reagiert er nicht auf die gesetzte Frist, gilt das Werk als abgenommen“, betont die Rechtsanwaltskammer.
„Diese Neuregelung ist nicht gut für private Bauherren, denn sie setzt sie unter enormen Zeitdruck“, meint der VPB. Könnten sie nicht kurzfristig mindestens ein Mangelsymptom benennen, „bekommen sie keinen Aufschub mehr“, erläutert VPB-Vertrauensanwalt Holger Freitag. Wer nicht zum vereinbarten Abnahmetermin erscheint, hat ebenfalls Pech gehabt. Folge: Der Bau ist „fiktiv“ abgenommen – das zählt.

Am fast fertigen Haus sind manche Mängel nicht mehr zu entdecken.

Eine Haltelinie hat der Gesetzgeber aber doch eingebaut: Die Abnahmefiktion greift nur, wenn der Unternehmer den jeweiligen Bauherren vorab über die Rechtsfolgen „in Textform“ informierte. Laut VPB reicht eine E-Mail aus. Solche Schreiben sollten Bauherren also keinesfalls ignorieren.

In Schwierigkeiten kommen können damit vor allem Leute, die den Baufortschritt nicht regelmäßig selbst überwachen oder die keinen Sachverständigen damit beauftragt haben. Am fast fertigen Haus sind Mängel, die sich unter Beton, Estrich oder Putz verbergen, praktisch nicht mehr zu entdecken. „Dann wird nach Augenschein abgenommen, nach dem Motto: Es sieht doch gut aus“, warnt eine VPB-Sprecherin. Besser ist dran, wer den Baufortschritt laufend checken lässt und Mängel sofort bei der Baufirma beanstandet oder vom Sachverständigen beanstanden lässt. Zum Abnahmetermin noch offene Reklamationen lassen sich dann leichter innerhalb der vorgegebenen Frist dokumentieren.

Der Unternehmer kann eine gemeinsame Zustandsfeststellung verlangen.

Das neue Vertragsrecht sieht noch eine zweite Änderung vor – und zwar für den Fall, dass der Bauherr die Abnahme verweigert. Der Unternehmer kann dann eine sogenannte gemeinsame Zustandsfeststellung verlangen. Ziel der Regelung ist, dass die Firma im vollen Umfang – und nicht etwa scheibchenweise – erfährt, was der Bauherr am Bauwerk zu beanstanden hat. Wichtig zu wissen: Der Termin für die Zustandsfeststellung kann vereinbart werden – oder die Firma bestimmt ihn allein. Den Termin nicht wahrzunehmen, hätte schwerwiegende Folgen: „Dann kann der Unternehmer den Zustand einseitig feststellen“, erläutert die Kammer.

Der VPB schätzt das so ein: „Das heißt, der Unternehmer urteilt in eigener Sache. Jeder kann sich vorstellen, wie das ausgeht.“ Nur dann, wenn den Bauherren kein Verschulden an seinem Fernbleiben trifft und er das Unternehmen gleich informiert, entfällt die einseitige Feststellung des Bauzustands. Das neue Bauvertragsrecht gilt für alle Bauverträge, die ab dem 1. Januar 2018 geschlossen wurden.