Lieber ein älteres oder ein neueres Haus kaufen? Vielen Interessenten bleibt die Wahl gar nicht. Neubauten sind rar und zudem schnell vergriffen. Doch Kauf und Sanierung eines Bestandsgebäudes sind auch aus ökologischer Sicht sinnvoll. Foto: Jens Schierenbeck/dpa-tmn
Neu kaufen oder einen Bestandsbau sanieren? Vielen Bauwilligen bleibt diese Wahl gar nicht. Denn Neubauten sind rar. Worauf man beim Kauf einer in die Jahre gekommenen Immobilie achten sollte.
Neu bauen oder gebraucht kaufen? Immobilienkäufer haben aktuell kaum eine Wahl. Baugrundstücke sind rar, neue Häuser und Wohnungen von Bauunternehmen oft schon verkauft, ehe sie überhaupt fertiggestellt sind. Was bleibt, sind ältere Häuser aus dem Bestand.
Im Moment kommen laut Verband privater Bauherren viele Eigenheime aus den 60er- bis 80er-Jahren auf den Markt. Aber lohnt es sich, so ein Haus zu kaufen und zu sanieren? Hat der Kauf einer gebrauchten Immobilie vielleicht sogar Vorteile gegenüber dem Neubau eines Eigenheims?
Es gilt, Für und Wider genau abzuwägen. „Für den Kauf oder den Bau einer neuen Immobilie spricht, dass sie den heutigen technischen und energetischen Ansprüchen genügt“, sagt Corinna Kodim vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Bei Bestandsimmobilien sei das nicht so. Die meisten müssen mit einigem Aufwand saniert werden.
Ein Bestandsgebäude erwirbt der Käufer in der Regel so wie gesehen. „In den allermeisten Fällen schließen die Verkäufer die Gewährleistung im notariellen Kaufvertrag aus. Damit soll verhindert werden, dass der Verkäufer nach dem Verkauf für mögliche Mängel haftet“, erklärt Peter Burk vom Institut Bauen und Wohnen in Freiburg. Arglistig verschwiegene Mängel fallen zwar nicht unter den Gewährleistungsausschluss. Aber für den Käufer bleibt trotzdem ein Risiko.
Bei der Besichtigung auch die Substanz prüfen
Ohne ausführliche Besichtigung des Hauses sollte kein Kaufvertrag unterschrieben werden. „Viele Kaufwillige übersehen aber dabei, dass für die Wahl der Immobilie nicht nur Zimmeranzahl, Aufteilung und Lage wichtig sind, sondern auch die Bausubstanz, Konstruktionsart und technische Ausstattung“, so Peter Burk. Niemand würde ein gebrauchtes Auto kaufen, ohne den Motor gesehen oder eine Probefahrt unternommen zu haben.
Häuser aber würden häufig gekauft, ohne dass beispielsweise der Heizungskeller besichtigt, geschweige Heizung und Haustechnik überhaupt getestet wurden. Dabei können Mängel erhebliche Mehrkosten durch notwendige Sanierungen verursachen.
„Typische Mängel an älteren Häusern sind Feuchtigkeit, fehlende Bauwerksabdichtung, Holzschäden, defekte Fenster, Mängel in der Dachdeckung sowie Putzschäden“, sagt Ulrich Zink vom Bundesverband Altbausanierung in Berlin. „Je nach Gebäudetyp und Bauweise variieren die Mängel allerdings.“
Er plädiert generell dafür, älteren Häusern generell eine zweite Chance zu geben. Es sei nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen von Vorteil, sie auf den aktuellen Stand zu bringen, sondern auch aus ökologischer Sicht.
In Zeiten des Klimawandels und der steigenden Energiepreise zeige sich, dass Investitionen in Bestandsgebäude einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz leisten. Wer sie erhält und weiterentwickelt, schont knappe Ressourcen. Das sei nicht nur nachhaltig und ökologisch, sondern die Besitzer von Bestandsgebäuden können auch den Wert ihrer Immobilie erhöhen, so Zink.
Entsorgung verbauter Schadstoffe kann teuer sein
Im Preisvergleich lässt sich nicht generell sagen, ob neue oder gebrauchte Immobilien besser abschneiden. „Das hängt stark von der Lage und dem Zustand der Häuser ab“, sagt Peter Burk. „Ein Verkäufer, der sein gut erhaltenes Eigenheim in einer attraktiven Umgebung auf einem großen Grundstück anbietet, weiß in der Regel auch, was es wert ist.“
Günstiger könne es sein, wenn Immobilien nicht auf der Höhe der Zeit sind und noch saniert werden müssen. „Dann ist der Kaufpreis vielleicht etwas geringer, dafür braucht man anschließend zusätzliches Geld, um die Immobilie fit zu machen“, so Peter Burk.
Das finanzielle Risiko ist dabei nicht zu unterschätzen, wenn zum Beispiel Schadstoffe oder giftige Chemikalien verbaut wurden. Und das ist oft der Fall. „Ab den 60er-Jahren ging das Thema Bauchemie los“, erklärt Peter Burk. Er rät, niemals ein älteres Haus zu kaufen, ohne es zuvor von einem ausgewiesenen unabhängigen Experten prüfen zu lassen.
Er erklärt auch warum: „Jahrzehntelang wurden Schadstoffe verbaut, die gesundheitsgefährdend sind und der Umwelt schaden. Die müssen raus aus dem Haus oder zumindest sicher eingehaust werden, was zusätzlichen Arbeitsaufwand und höhere Kosten mit sich bringt.“
Feuchtigkeitsschäden können Statik gefährden
Marc Ellinger, Bauherrenberater im VPB und Leiter des Freiburger Regionalbüros des Verbraucherschutzverbandes, empfiehlt, das Haus nicht nur auf solche Stoffe untersuchen zu lassen, sondern auch die Kosten für die gesetzlich vorgeschriebene Schadstoffdokumentation und -entsorgung vorab möglichst genau berechnen zu lassen. Nicht selten erweise sich nämlich, dass ein Umbau mit erforderlicher Schadstoffsanierung am Ende teurer werden kann als ein Abriss und Neubau.
Aber nicht nur Schadstoffe können zum Problem werden. „Am schlimmsten sind Feuchtigkeitsschäden, die tief im Mauerwerk oder in der Holzkonstruktion stecken und die Statik gefährden können“, sagt Corinna Kodim. „Auch hier droht im schlimmsten Fall der Abriss des Hauses.“ Ein Nachteil bei älteren Häusern sind oft auch eine ungenügende Wärmedämmung sowie mangelnder Schallschutz. „Schon das Baujahr des Hauses kann Hinweise darauf geben, in welcher Weise und mit welchen Baustoffen das Haus errichtet wurde“, sagt Peter Burk. „Erst etwa ab den 60er-Jahren wurden der Brand-, Schall- und Wärmeschutz sowie der Feuchteschutz im Keller beim Bauen berücksichtigt und die Bauphysik erhielt den ihr gebührenden Platz im Hausbau“, erklärt Peter Burk.
Das bedeute aber nicht, dass jedes Haus solche typischen Mängel haben muss. Viele Häuser dieser Baujahre seien zwischenzeitlich saniert und modernisiert, so Burk. Etliche haben einen Vollwärmeschutz erhalten, neue Fenster und Türen, einen neuen Bodenaufbau mit Trittschallschutz, eine Zentralheizung, ein neues Dach und anderes mehr.
Genauer Fahrplan statt unkalkuliertes Abenteuer
Ist das ältere Haus gut gepflegt und weitgehend in Ordnung, kann es durchaus ein lohnendes Projekt sein, daraus eine komfortable und energieeffiziente Immobilie zu machen. Corinna Kodim: „Zwar sind der Grundriss und die Größe der Räume weitgehend vorgegeben. Aber mit etwas Kreativität lässt sich daraus ein modernes Zuhause gestalten.“ Der Vorteil: Die Käufer können gleich nach dem Kauf einziehen und die Immobilie sukzessive modernisieren. Eine lange und ungewisse Bauzeit – wie beim Neubau – fällt weg.
Peter Burk rät, zunächst die Bereiche zu modernisieren, die unmittelbar den Wohnkomfort betreffen. In der Regel ist das der Innenbereich. „Viele Käufer beginnen mit Bädern, Küche und Fußböden, bauen eine moderne Heizung ein und bringen die Elektroinstallation auf den aktuellen Stand.“ Für Fenster, Dachsanierung und Fassadendämmung ist dann später noch Zeit.
Laut Gebäudeenergiegesetz müssen neue Eigentümer einige Sanierungsarbeiten ausführen. „Dazu gehört der Austausch der Öl- oder Gasheizung, wenn sie älter als 30 Jahre ist, das Dämmen des Daches oder der obersten Geschossdecke sowie das Dämmen von Heiz- und Warmwasserleitungen“, zählt Corinna Kodim auf. Dazu sei der Käufer nach einem Eigentümerwechsel verpflichtet. „Diese Maßnahmen dienen dazu, die Energiebilanz des Gebäudes zu verbessern.“
Sanierung und Umbau von Bestandsimmobilien werden am Ende oft teurer als gedacht, weil sich Sonderwünsche der Käufer einschleichen. Ulrich Zink rät deshalb, zu Beginn ein genaues Programm zu erstellen, damit klar ist, wohin die Reise gehen soll. „Gerade jetzt, wo Baumaterialien teuer und Baufachleute knapp sind, ist es wichtig, alles vorab gut durchzurechnen, damit die Sanierung einer Bestandsimmobilie nicht zu einem unkalkulierten Abenteuer wird.“ (dpa)