Auf manchen Baustellen sind die Arbeiten wegen der Corona-Pandemie ins Stocken geraten. Bauherren sollten aber prüfen, ob das wirklich der Grund ist. Foto: Kai Remmers/dpa
Trotz Corona-Krise wird auf den meisten Baustellen gearbeitet. Doch an manchen Stellen kommt es bereits zu Verzögerungen. Bauherren müssen aufpassen, dass die Firmen die Krise nicht als Vorwand nutzen.
Die Wohnung ist gekündigt, die Kisten sind gepackt. Der Einzug ins neue Haus steht kurz bevor – eigentlich. Doch dann ist das neue Haus nicht fertig. Dieses Szenario dürfte einige Bauherren in diesen Tagen treffen. Denn die Corona-Krise hat auf vielen Baustellen mittlerweile ihre Spuren hinterlassen. Zwar gelingt es den Bauunternehmen größtenteils, den Baustellenbetrieb aufrechtzuerhalten. Bauherren müssen aber damit rechnen, dass es immer wieder zu Verzögerungen kommen kann. Das zeigt eine verbandsinterne Umfrage des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB).
Demnach registrieren derzeit 80 Prozent der Firmen Störungen in den Abläufen. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen berichtet von Lieferengpässen (43 Prozent). Auch Einschränkungen auf der Auftraggeberseite führen oft zu Behinderungen im Ablauf (43 Prozent). Allerdings ruckelt es nicht überall gleichermaßen: Rohbauten seien sind nicht so häufig von den Verzögerungen betroffen, so Erik Stange vom Bauherren-Schutzbund. „Vor allem beim Ausbau gibt es Verzögerungen.“
Der Grund: Heizungs-, Elektro- und Lüftungsinstallationstechnik kommen oft aus Asien. Hier gebe es oft Lieferverzögerungen mit der Folge, dass die Firmen die Teile nicht einbauen können.
Stange nennt ein weiteres Problem: „Firmen gehen jetzt oft mit pauschalen Schreiben auf die Bauherren zu.“ In diesen Briefen werden Verzögerungen oft allgemein auf die Corona-Krise geschoben. „Das passiert mitunter aber auch, wenn es vorher schon Probleme gegeben hat“, hat Stange beobachtet. „Begründet wird das dann einfach mit der aktuellen Situation.“
Bauherr muss informiert werden
So einfach dürfen es sich Bauunternehmen allerdings nicht machen. Kann eine Firma die vertraglich vereinbarte Leistung nicht erbringen, muss ein Bauherr eine sogenannte Behinderungsanzeige bekommen. „Diese Hinweispflicht muss der Unternehmer erfüllen“, erklärt Rechtsanwalt Lars Markmann von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein.
Ein einfacher Hinweis, dass die Arbeiten in Verzug geraten, reicht in der Regel nicht aus. „Der Unternehmer muss schon ein paar Worte darüber verlieren, was sich warum verzögert“, erklärt Markmann. Kann der Unternehmer das nicht, wird das auch für ihn oftmals später zu einem Problem. „Spätestens vor Gericht kann der Unternehmer in Darlegungsnot geraten.“
Ein häufiges Problem für Bauherren: „Viele Behinderungsanzeigen sind nicht ohne Weiteres nachvollziehbar“, so Markmann. In so einem Fall sollten Bauherren sich an das Unternehmen wenden und um Aufklärung bitten. Im Zweifel kann auch Rat von Experten helfen. Liegen die Arbeiten auf der Baustelle brach, sollten Bauherren das Unternehmen schriftlich auffordern, die Arbeiten fortzusetzen. „Dafür sollten Sie eine Frist setzen“, rät Stange. Am besten mit konkretem Datum. Zwei Wochen reichten als angemessene Frist in der Regel aus. Dann werde wahrscheinlich nicht sofort weitergebaut, aber Bauherren seien später handlungsfähig.
Rechtsanwalt Markmann rät insofern, alles gut zu dokumentieren. Wer zum Beispiel Zeugen einbezieht, kann später leichter nachweisen, dass ein entsprechendes Schreiben zur Fristsetzung tatsächlich aufgesetzt und zugestellt wurde. Aus Sicht von Stange ist zudem wichtig, dass Bauherren nur das zahlen, was vertraglich geregelt ist. Wer eine Rechnung bekommt, sollte prüfen, welche Leistungen die Firma darin abrechnet. Zahlen sollten Bauherren nur für tatsächlich erbrachte Leistungen.
Da die Situation für alle Beteiligten Unsicherheiten birgt, sollten Bauherren sich am besten mit ihrem Bauunternehmer in Verbindung setzen. „Der Dialog ist meist der beste Weg“, sagt Markmann. Gemeinsam kann man möglicherweise besser nach Lösungen suchen. „Bauherren können ihre ursprüngliche Planung noch mal überdenken“, sagt Stange. Wer zum Beispiel auf nicht lieferbare Fliesen wartet, könne jetzt nach Alternativen suchen, damit die Arbeiten wieder in Gang kommen. „Allerdings muss man jetzt auch nicht an jeder Stelle Kompromisse machen.“
Wenn durch die Verzögerungen der Termin der Fertigstellung nicht einhalten werden kann, verschiebt sich auch der Umzug. Die Haftungsfrage sei in diesem Fall vermutlich nicht einfach zu beantworten, erklärt der Verband Privater Bauherren. Denn Schadensersatzansprüche setzen immer ein Verschulden voraus.
Angesichts der Corona-Pandemie sei das Führen eines Entlastungsbeweises im Einzelfall gut denkbar, erklärt der Verband Privater Bauherren. Bei Bauvorhaben, die vor der Pandemie begonnen haben, wird oftmals höhere Gewalt vorliegen. Auch deshalb sollten Bauherren besser etwas mehr Zeit einplanen. Wer seinen Umzug verschieben kann, schont am Ende schließlich auch seine eigenen Nerven. (dpa)