Mölschbach: Architekturpreis für Daubenhauerei

Die Größe der Produktionshalle war begrenzt, deshalb hat man das Dach über Eck an zwei Seiten „auskragen“, also überstehen, lassen. An die Statik stellte dies erhöhte Anforderungen, weil auf störende Säulen verzichtet wurde. Foto: srä


VON STEPHANIE BRÄUNLING

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts erlebte das Holzfass eine Renaissance. Immer mehr Winzer im In- und Ausland bauten hochwertige Weine im neuen Eichenfass aus. Das bewahrte die Daubenhauerei in Kaiserslautern-Mölschbach vor der  Schließung. Christian Müller-Schick hat es gewagt und 2005 in eine neue Halle investiert. Der trotz seiner Größe erstaunlich mit dem Ort verwachsene Gebäudekomplex wurde 2006 mit einem Architekturpreis ausgezeichnet.

Ein massiver Eichenstamm aus dem Pfälzerwald liegt auf dem Förderband und wird von Christian Müller-Schick eingehend begutachtet, bevor er durch ein großes Tor in die Produktionshalle befördert wird. Möglichst viele Fassdauben in verschiedenen Längen sollen daraus gewonnen werden, die später durch Küfer zu Barriques und Weinlagerfässern weiterverarbeitet werden.

„Der Betrieb wurde 1947 von meinem Großvater gegründet“, erklärt Christian Müller-Schick. Sein Vater habe ihn fortgeführt. Er war einer der letzten Daubenhauer, die noch in einer Berufsschule ausgebildet wurden. Die Holzfässer dienten damals lediglich als Lager und Transporthilfen, Geschmacksprägung spielte nur eine untergeordnete Rolle. Als Mitte des vergangenen Jahrhunderts immer mehr Kunststoff- und Stahltanks in Mode kamen, drohte der Beruf des Daubenhauers auszusterben.

„Gegen Ende des 20. Jahrhunderts entdeckten jedoch immer mehr Winzer das Barriquefass für sich, und die aus Eichen hergestellten Holzfässer erlebten auch für die Lagerung wieder einen Aufschwung“, erinnert sich  Müller-Schick, der sein Handwerk nur noch von seinem Vater lernen konnte. Aufgrund der immer größer werdenden Nachfrage wurde es erforderlich, dass er den nicht mehr zeitgemäßen, ungeheizten Nachkriegsbau seines Großvaters durch eine neue Produktionshalle ersetzte.

„Weil ich die meiste Zeit meines Tages da verbringe, hatte ich den Anspruch, mich darin wohlzufühlen“, erklärt Müller-Schick. Hell sollte es sein, mit möglichst viel Tageslicht, weshalb zwei große Lichtbänder zwischen den für das Dach verwendeten Trapezblechen durchgängig über die gesamt Fläche verlaufen. Außerdem wollte er eine Holzverkleidung und entschied sich für Douglasienholz aus heimischen Wäldern. Ein Schutzanstrich wurde nicht aufgetragen. „Das Holz soll durch den natürlichen Prozess ergrauen“, erklärt er. Zersetzen wird sich das Holz auch ohne Schutz nicht: „Wenn das Wasser am Holz immer ablaufen kann und es nicht ständig der Feuchtigkeit ausgesetzt ist, bildet sich lediglich an der Oberfläche ein Film“, erläutert er. Werde dieser abgehobelt, sei der alte Glanz sofort wieder da.

Auch bei den Fassdauben sei das so. Wenn der Küfer ergrautes Holz übernehme, sei dies ein Zeichen für ihn, dass das Holz über mehrere Jahre natürlich abgelagert sei, was das Holz positiv beeinflusse. „Durch die Lagerung unter freiem Himmel werden die Gerbstoffe ausgewaschen“, führt er weiter aus. Und das mache später den geschmacklichen Unterschied beim Ausbau des Weines.


Wohl letzte Daubenhauerei in Deutschland


Die Größe der Halle sei begrenzt, deshalb habe man das Dach über Eck an zwei Seiten „auskragen“, also überstehen, lassen. Hier könne das fertig zugeschnittene Holz wetterunabhängig auf Paletten aufgeschichtet und Brennholz untergestellt werden. „An die Statik wurden erhöhte Ansprüche gestellt, denn der Überhang kommt ohne hinderliche Säulen aus“, sagt Müller-Schick. Bei dem Gebäude der vermutlich letzten Daubenhauerei in Deutschland habe sich ein Kaiserslauterer Architekt in Zusammenarbeit mit Architekturstudenten der  Universität Kaiserslautern verwirklicht. Es fügt sich trotz seiner Kompaktheit in die dörfliche Umgebung ein und wurde 2006 vom Bund Deutscher Architekten, Landesverband Rheinland-Pfalz, mit einem Architekturpreis ausgezeichnet.

Mit einem Sägewerk sei die Arbeit in der Daubenhauerei nicht vergleichbar. „Für Fassdauben muss das Holz exakt entlang dem natürlichen Faserverlauf geschnitten werden, damit die Fässer nicht undicht werden“, erklärt Müller-Schick. Dafür müsse er jeden Baumstamm individuell einteilen, und es erfordere viel Erfahrung, um Fehler im Holz zu erkennen und möglichst viele Fassdauben herauszubekommen. Dennoch entstehe viel Holzabfall, nur rund 30 Prozent des Stammes genügten den Anforderungen. Immerhin werde mit einem Teil der Abfälle die Halle und das Wohnhaus beheizt. 
Wenn Christian Müller-Schlick in seiner Werkstatt einen Eichenstamm bearbeitet, verspürt er Dankbarkeit: „Den großen Weinen der Welt verdanke ich es, dass die Daubenhauerei überlebt hat, dass ich hier in unmittelbarer Nähe zu  meiner Familie arbeiten kann.“ Und umgekehrt verdankten viele große Weine der Welt ihren unvergleichlichen Geschmack einer kraftvollen, meist Pfälzer Eiche, die ihren Weg durch die Daubenhauerei in Mölschbach  genommen hat.