Flexibilität notwendig: Eigentümertreffen trotz Corona

Für Eigentümerversammlungen gelten oft Auflagen, denn die Corona-Pandemie lässt Präsenzveranstaltungen mitunter nur eingeschränkt zu. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa-tmn




Die Corona-Lage entspannt sich. Die Lockerungen kommen auch Eigentümergemeinschaften entgegen. Nach gut einem Jahr Pause können sie sich Gedanken machen über den Termin der nächsten Versammlung.


Die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen machten Eigentümerversammlungen seit 2020 weitestgehend unmöglich. Damit ist es jetzt vorbei: Wer loslegen will, kann das grundsätzlich tun, wenn die Organisation stimmt. Diese muss sowohl die Bundesnotbremse als auch die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Corona-Schutzverordnungen berücksichtigen.

Die Einladung bekommen die Eigentümer in der Regel mindestens drei Wochen vor dem geplanten Termin. So schreibt es das Wohnungseigentumsgesetz (WEG-Gesetz) vor. Das Schreiben enthält alle Angaben, die die Eigentümer zur Vorbereitung auf ihr Treffen brauchen. Normalerweise sind das unter anderem Datum, Uhrzeit, Ort und Tagesordnung. Dieses Jahr werden viele Verwaltungen auch ein Hygienekonzept mitschicken.


Verwaltung ist zuständig


Sowohl für die Einladung als auch das Konzept ist die Verwaltung zuständig. Sie prüft vorab, ob und unter welchen Voraussetzungen die Eigentümer zusammenkommen dürfen. Das schließt die Suche nach einem passenden Saal ein. Der sollte so groß sein, dass – zumindest theoretisch – alle Eigentümer Platz haben und zugleich die Abstandsregeln eingehalten werden. Diese sind dann Teil des Hygieneplans.

Dieser sollte auch Hinweise zum Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen, zum Lüften, zum Nicht-Händeschütteln und zum Einhalten des Mindestabstands enthalten. Auf Selbsttests am Eingang sollte auch hingewiesen werden. Erlauben die örtlichen Corona-Regeln die Teilnahme nur mit negativem Test oder Impfung, müssen die Eigentümer dies ebenfalls vorab wissen. „Die Eigentümer können nachvollziehen, dass die Beschränkungen eingehalten werden“, beschreibt der Rechtsreferent des Verbands „Wohnen im Eigentum“ (WiE), Michael Nack, Sinn und Zweck der ganzen Erläuterungen.


Unsicherheitsfaktor bleibt


Dass das Einladungsschreiben einen Vorlauf von drei Wochen braucht, verlangt in der derzeitigen Situation von Eigentümern wie Verwaltungen Flexibilität. Denn ändern sich kurz vor knapp die Corona-Vorgaben, sind diese zu beachten. Das kann dann  bis zu der Absage der Eigentümerversammlung noch am Tag des Treffens gehen.

Das WEG-Gesetz geht bei Eigentümerversammlungen von Präsenzveranstaltungen aus. Jeder Eigentümer hat das Recht, persönlich an den Versammlungsort zu kommen. Das ist eine Krux: Einerseits sind die aktuellen Pandemiebeschränkungen einzuhalten. Andererseits muss der Saal groß genug für alle zu erwartenden Teilnehmer sein. Absichtlich eine winzige Räumlichkeit auszusuchen, zum Beispiel ein Büro für fünf Leute, aber 20 Eigentümer, oder diese ausdrücklich zum Fernbleiben aufzufordern, ist keine Lösung. „Beides ist unzulässig“, sagt Julia Wagner, Referentin Recht beim Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland in Berlin.

Es spreche jedoch nichts dagegen, Eigentümern nahezulegen, zu Hause zu bleiben. Es dürfe aber kein Druck ausgeübt werden. An dem Punkt ist das Formulierungsgeschick der Verwaltungen gefordert.
Vollmachten können Alternative seinEine Alternative zur persönlichen Teilnahme ist die Erteilung von Vollmachten. Dies reduziert die Zahl der Anwesenden, zugleich nutzen die Daheimgebliebenen ihr Stimmrecht. Ähnlich funktionieren sogenannte Vertreterversammlungen.

Die Begrenzung der Teilnehmerzahl ist rechtlich heikel. Kommen mehr als angenommen und nach dem Hygienekonzept im Raum sitzen sollen, dürfen Eigentümer nicht zum Verlassen des Saals aufgefordert werden.

Ein Wechsel der Location kommt aus formalrechtlichen Gründen nicht infrage. Die Versammlung müsste entweder abgebrochen werden, oder die Eigentümer könnten noch kurzfristig Vollmachten geben und gehen. Alle diese Optionen basieren auf Freiwilligkeit. „Bitten ja, Druck nein“, betont Michael Nack.

Recht auf analoge Teilnahme besteht


Das neue WEG-Gesetz erlaubt auch die Online-Teilnahme an Eigentümertreffen. Zuvor muss die Versammlung diese Möglichkeit erst einmal beschließen – entweder in Präsenz oder per Umlaufbeschluss.

Darüber hinaus besteht das Recht auf analoge Teilnahme fort. „Eigentümer bei bestehender Beschlusslage auf die digitale Teilnahme zu verweisen, geht nicht“, stellt Julia Wagner klar. Da beißt sich die Katze genauso in den Schwanz wie beim Umlaufbeschluss. Er eröffnet die Chance, ohne Eigentümerversammlung Dinge zu entscheiden.

„Damit die Gemeinschaft mit einfacher Mehrheit einen solchen Beschluss fassen kann, muss sie in einer Präsenzveranstaltung diesen Weg beschließen“, erläutert der Geschäftsführer des Verbands der Immobilienverwalter Deutschlands, Martin Kaßler. Er empfiehlt, aktuell auf Entscheidungen über weitreichende Maßnahmen zu verzichten, etwa teure Sanierungen: „Auch um Anfechtungsklagen zu vermeiden.“

Beschluss kann angefochten werden


Denn Teilnahme hin oder her – Eigentümer können Beschlüsse jederzeit anfechten. Selbst dann, wenn sie trotz Einladung zu Hause geblieben sind. Ihre Klage könnten Eigentümer etwa mit der Besorgnis begründen, sich trotz Hygienekonzepts anzustecken. Vorbeugend gehörten deshalb sämtliche Schutzmaßnahmen genau beschrieben, sagt Michael Nack. 
Und Julia Wagner rät Eigentümern unbedingt zur Stimmabgabe, weil jede Versammlung unabhängig von der Zahl der Anwesenden beschlussfähig ist. Dagegen ist der Erfolg einer Klage unsicher. „Darüber entscheidet der Richter“, sagt Wagner. (dpa)