Besser überprüfen: Auch Kabel, Leitungen und Sicherungen unterliegen Alterungsprozessen. Foto: Florian Schuh/dpa-tmn
Die Stromleitungen sind die Nervenbahnen eines Gebäudes. Mit zunehmendem Alter können diese Versorgungsleitungen zum Problem werden – und zur Gefahr für die Bewohner des Gebäudes.
Wenn das Kabel an einem Föhn brüchig wird, ist den meisten klar: Das kann gefährlich werden. Aber wenn es um die elektrischen Lebensadern im Inneren des Gebäudes und seine Steckdosen geht, sind wir oft geradezu fahrlässig. Man übergeht sie bei den sonst üblichen regelmäßigen Wartungen des Hauses.
„In den meisten Haushalten ist kaum ein elektrisches Gerät älter als ein paar Jahre. Bei den Installationen unterstellt man, dass sie unendlich lange halten – das ist ein Trugschluss“, sagt Michael Conradi von der Initiative Elektro+. Schließlich unterliegen auch Kabel, Leitungen und Sicherungen Alterungsprozessen.
Und das ist tückisch, denn man nimmt die Gefahr vielleicht zu spät wahr. „Wenn eine Wasserleitung defekt ist, merkt man das häufig, weil es irgendwo tropft“, sagt Andreas Habermehl vom Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH). „Bei elektrischen Leitungen liegen die Fehlerquellen aber oftmals verborgen unter dem Putz.“
Im schlimmsten Fall brennt es
Dort könnte ein Kabel über längere Zeit schmoren, ohne dass es auffällt – schlimmstenfalls, bis dort eines Tages ein Brand entsteht. Daher empfiehlt Habermehl regelmäßige Kontrollen der Elektrik in privaten Haushalten, so wie sie bei gewerblich genutzten Gebäuden übrigens längst schon vorgeschrieben ist.
Und Peter Baruschke von der Zeitschrift „Selbst ist der Mann“ rät: „Auch wenn man eine ältere Immobilie bezieht, ist es vernünftig, die Leitungen vorab von einem Elektriker überprüfen zu lassen.“
Doch nicht nur das zunehmende Alter, sondern auch die veränderten Bedürfnisse der Nutzer sorgen dafür, dass die elektrischen Installationen im Wohnbereich auf den Prüfstand kommen sollten. Man braucht inzwischen etwa immer mehr Steckdosen.
In den 1970er-Jahren konnte sich ein üblicher Haushalt mit etwa zehn bis 15 elektrisch betriebenen Geräte begnügen – heute sind es durchschnittlich 60 bis 70 pro Wohnung. Wer in älteren Gebäuden wohnt, hat daher hier heute ein Problem. Dort ist oft nur eine Steckdose pro Raum üblich. Zum Vergleich: In moderneren Gebäude seien im Wohnbereich und Küche zwischen sechs und acht Steckdosen nicht ungewöhnlich, so Habermehl.
Mehrfachsteckdose keine dauerhafte Lösung
Vor allem die Ansprüche an die Beleuchtung im Wohnbereich seien gestiegen, sagt Fachjournalist Baruschke. „Heute möchte man nicht nur eine Lampe unter der Decke haben, sondern die komplette Lichtinstallation einzeln steuern können.“ Dafür müssen die technischen Voraussetzungen stimmen.
Verlängerungskabel und mobile Steckdosenleisten lösen das Problem nicht. Sie taugen nicht als dauerhafte Übergangslösung, da etwa dünne Anschlussleitungen leicht überlasten können. Im schlimmsten Fall droht ein Brand.
Allerdings lässt sich in den meisten Fällen die bestehende elektrische Anlage durch zusätzliche Leitungen und weitere Steckdosen und Schalter ergänzen. Und das, ohne dass dies zu einer Überlastung führt. „Eine solche Erweiterung sollte auf jeden Fall fachgerecht durchgeführt werden“, sagt Michael Conradi. „Wer ohne qualifizierte Fachausbildung an Leitungen und Schutzgeräten arbeitet, handelt fahrlässig.“
Schätzungen zufolge entstehen etwa ein Drittel aller Wohnungsbrände durch fehlerhafte Elektroinstallationen. Pfusch kann hier den Versicherungsschutz kosten und ernste juristische Folgen haben.
Heimwerker: Kostensparen durch Vorarbeiten
Immerhin: Heimwerker können etwas sparen bei den Arbeiten. Man könne dem Elektriker anbieten, „zeitintensive Vorbereitungen wie das Stemmen von neuen Kabelschlitzen selbst zu übernehmen, sodass er sich nur auf die Arbeiten an der elektrischen Anlage konzentrieren kann“, rät Peter Baruschke.
Das hilft vielleicht auch, eher einen Handwerker für diese Arbeiten zu bekommen. Denn: „Viele Handwerksbetriebe sind derzeit sehr gut ausgelastet“, so Baruschke. Und angesichts zahlreicher lukrativer Großprojekte in Neubau und Sanierung sind vergleichsweise kleine Aufträge wie das Ziehen einer neuen Leitung für manche Elektriker nicht interessant genug.
Günstiger sind Aufputz-Lösungen
Qualitativ mache es keinen Unterschied, ob die neuen Leitungen und Schalter über oder unter dem Putz verlegt werden, sagt ZVEH-Mann Andreas Habermehl. „Kabel und Schalter, die auf dem Putz verlegt werden, erfordern weniger Aufwand und sind daher preisgünstiger. Allerdings bevorzugen die meisten Kunden gerade im Wohnbereich die unsichtbaren Unterputz-Lösungen.“
Bei den Erweiterungen sollte gewährleistet werden, dass jeder Stromkreis mit einem FI/LS-Schalter abgesichert wird. Dieser erkennt Unregelmäßigkeiten im Netz und unterbricht binnen Bruchteilen einer Sekunde die Stromzufuhr, was die Gefahr von tödlichen Stromschlägen minimiert. Michael Conradi empfiehlt auch einen Überspannungsschutz, der verhindert, dass angeschlossene Geräte durch Blitzeinschläge zerstört werden. Bei Neubauten und größeren Sanierungen lohnt es sich auch, etwa in Garage und Einfahrt sowie am Dach Leerrohre für eine spätere Elektroinstallation einbauen zu lassen. Dies macht es einfacher, wenn dort zukünftig eine Solaranlage montiert oder Anschlüsse für E-Autos nachgerüstet werden sollen. (dpa)