Komfortabel Wärme genießen: Fernwärme-Nutzer brauchen keine Heizung mit Heizkessel in ihrem Haus. Foto: weixx/stock.adobe.com
Die meisten Eigentümer haben einen Heizkessel in ihrem Haus. In manchen Gebieten brauchen sie den aber gar nicht. Denn dort können oder müssen sie mit Fernwärme heizen. Was steckt dahinter?
Wer sein Haus in einem Baugebiet plant, das einen Anschlusszwang an Fernwärme hat, braucht keine eigene Heizung. Denn die Energie kommt für alle aus einem Kraftwerk.
Steht es in der direkten Umgebung, spricht man von Nahwärme. „Das ist aber nur ein Kunstwort“, meint Werner Lutsch, Geschäftsführer des Energieeffizienzverbands für Wärme, Kälte und KWK (AGFW) in Frankfurt am Main. „Im Grunde ist Nahwärme dasselbe wie Fernwärme. Es ist die von einem externen Erzeuger produzierte Wärme, die über einen mehr oder weniger langen Weg zum Verbraucher geliefert wird.“
Entscheidung hat Folgen
Die Entscheidung für ein Haus oder eine Wohnung in einem Fernwärme-Gebiet hat langfristige Folgen, über die man sich von Anfang an im Klaren sein sollte. „Die Bauherren müssen oft schon beim Kauf ihrer Immobilie neben dem Kaufvertrag einen Nahwärmevertrag abschließen, der über viele Jahre läuft“, sagt Fabian Fehrenbach von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.
Die Kosten für die Errichtung der technischen Anlage für die Wärmeversorgung sind dann nicht im Immobilienpreis enthalten, sondern werden bei der Nutzung der Energie über den Wärmepreis refinanziert, den die Nutzer zahlen. Diese Konstellation wird auch als Wärmeliefer-Contracting bezeichnet.
Kunden haben Vorteile
Das hat durchaus Vorteile für die Kunden. Sie brauchen keine Heizung mit Heizkessel und anderem technischen Equipment in ihrem Haus und gewinnen so Platz. „Und sie können davon ausgehen, dass sie eine umweltfreundliche und effektive Heizform nutzen“, betont Lutsch.
Denn in den Fernwärmenetzen werden alle verfügbaren Energieträger verwertet, und das sind zunehmend erneuerbare Energien wie Solarthermie, Geothermie und Wärmepumpen. „Fernwärme ist allemal sinnvoller als ein eigener Heizkessel“, meint er. Auch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz sieht die energetische und ökologische Seite der Fernwärme durchaus positiv, sofern nachwachsende Energieträger verwendet werden.
Verbraucher können nicht selbst entscheiden
Die andere Seite der Wahrheit ist aber: Der Kunde begibt sich in ein System, aus dem er nicht so leicht wieder herauskommt. Es sei denn, er wechselt die Wohnung. Die Entscheidung für oder gegen die Fernwärme liegt in der Regel in den Händen der Kommunen. Sie legen fest, ob ein neues Baugebiet so ausgeschrieben wird, dass ausschließlich Fernwärme genutzt wird.
Ist das so, können sich interessierte Immobilienkäufer von vornherein darauf einstellen. „Wer das nicht möchte, muss sich woanders umsehen“, stellt Werner Lutsch klar.
Lange Vertragslaufzeit zulässig?
Es ist unbedingt zu empfehlen, vor dem Abschluss eines Fern- oder Nahwärme-Vertrags die Konditionen genau zu prüfen. „Vielen Bauherren sind weder die rechtlichen noch die finanziellen Konsequenzen dieser Verträge klar“, so Fabian Fehrenbach.
Ein Knackpunkt ist die Laufzeit. Die erste Laufzeit des Vertrags darf laut der Verordnung über die allgemeinen Versorgungsbedingungen (AVBFernwärmeV) maximal zehn Jahre betragen, erklärt das Ratgeberportal Finanztip. Anschließend verlängert sich der Vertrag maximal um fünf Jahre.
Preis setzt sich aus zwei Teilen zusammen
Allerdings beobachten Verbraucherschützer der Verbraucherzentralen, dass häufig schon beim Vertragsschluss die Laufzeit auf 15 oder 20 Jahre ausgedehnt wird. „Diese Dauer halten wir für unzulässig“, so Fabian Fehrenbach.
Auch die Preise für die Fernwärme sollten Verbraucher von Anfang an im Blick haben. Sie unterscheiden sich bei den verschiedenen Anbietern und können günstiger oder teurer sein als Gas und Öl. Allerdings gibt es keinen Wettbewerb, weil die Netze nur lokal verfügbar sind.
Werner Lutsch erklärt, wie sich der Wärmepreis zusammensetzt: Er besteht aus einem Grundpreis und einem Arbeitspreis. Der Arbeitspreis deckt die Kosten ab, die in direktem Zusammenhang mit dem Wärmeverbrauch stehen, also etwa für Brennstoffe und Pumpstrom.
Der Grundpreis enthält die Kosten für Bau, Wartung, Reparatur der technischen Anlagen, aber auch Verwaltungskosten. Manchmal wird als drittes Preiselement ein Mess- oder Dienstleistungspreis erhoben.
Gegen hohe Arbeitspreise kann man sich kaum wehren. Spielraum gibt es aber bei der Anschlussleistung, die im Grundpreis enthalten ist. Sie ist häufig viel höher, als es zur Versorgung des Gebäudes notwendig wäre, wissen die Verbraucherzentralen aus ihrer Beratungstätigkeit.
Vertrag einfach kündigen?
In der Regel werden mit den Kunden Preisanpassungsklauseln vereinbart. Denn auch bei der Fernwärme schwanken die Preise, je nachdem, wie sich der Energiemarkt entwickelt. „Allerdings kommen die Änderungen mit einer Verzögerung von etwa einem halben Jahr beim Kunden an“, sagt Werner Lutsch.
Fabian Fehrenbach kritisiert, dass die Kunden selbst nach abgeschlossener Refinanzierung der Anlage oft keine Möglichkeit haben, ihre anfangs vereinbarten Preise neu zu verhandeln. „Besonders ärgerlich ist, wenn sie sich vertraglich verpflichten müssen, ihren gesamten Wärmebedarf durch Fernwärme zu decken.“ Denn: „So können sie nicht zusätzlich regenerative Energien nutzen, obwohl die Verordnung zur Fernwärmeversorgung eine solche Option ausdrücklich zulässt.“
Einen Fernwärmevertrag zu kündigen, ist meistens keine gute Idee. Denn es müsste dann eine eigene Heizungsanlage im Haus installiert werden. „In einem Fernwärmegebiet liegen aber in der Regel keine Öl- und Gasleitungen, an die man sich dann schnell anschließen lassen könnte“, sagt Werner Lutsch. In Kommunen, in denen ein sogenannter Anschlusszwang an Fernwärmenetz besteht, können Kündigungen sogar vollkommen ausgeschlossen sein. (dpa)