Getreidemühle als Familienbetrieb

Das Wasserrecht am Schwarzbach ist seit Generationen zwischen der Getreidemühle Isemannn (links) und der direkt angrenzenden Getreidemühle Sties geteilt. Die beiden Mühlenbesitzer ersetzten gemeinsam 1971 die beiden unterschlächtigen Wasserräder durch eine stehende Francis-Turbine. Bis heute erzeugen sie damit rund um die Uhr ihren eigenen Strom. Foto: srä




VON STEPHANIE BRÄUNLING

Zwei Mühlsteine, der Bodenstein links und ein Läuferstein rechts, flankieren den Eingang zur Getreidemühle Isemann in Rieschweiler-Mühlbach. Der Mahlgang, zu dem die beiden gehören, steht drinnen im Mühlenladen zur Dekoration. Er war bis zum Beginn der 1960er-Jahre in Betrieb. Heute wird das Getreide mit zwei kleinen Mühlensystemen gemahlen. Ein Teil des benötigten Stroms wird noch immer mit Hilfe des Schwarzbachs erzeugt. Ein Wasserrad klappert indes schon lange nicht mehr.


Hans Isemann erinnert sich gut daran, dass der Großvater und auch der Vater mit dem im Mühlenladen ausgestellten Mahlgang noch Futterschrot gemahlen haben. „Die Landwirte brachten ihr Getreide, das wurde durch den Trichter in den Mahlgang eingeschüttet, zwischen Boden- und Läuferstein geschrotet, dann bekamen sie ihren eigenen Schrot wieder zurück“, erklärt der Müller, der bereits 2015 die Mühle an Sohn Daniel abgegeben hat.

Bis 1915 hatten seine Vorfahren mit drei solcher Steinmahlgänge gearbeitet. „Mit zweien wurde immer gemahlen, einer stand still und wurde geschärft“, berichtet er. Die Billen, aus sehr hartem Stahl geschmiedete Schärfwerkzeuge, sind zur Veranschaulichung ebenfalls noch ausgestellt. Dann kam der erste Walzenstuhl dazu. Heute arbeiten in dem in siebter Generation geführten Familienbetrieb zwei Mühlensysteme nebeneinander.

In der schon älteren Rückschüttmühle werden die immer feiner werdenden Schrotungen und Mahlungen immer wieder auf dieselben Walzenstühle rückgeführt, die für jeden weiteren Mahlprozess jeweils entsprechend neu eingestellt werden müssen. Mit diesem System konnten gerade die kleineren Mühlen mit wenig Energie und Platz ihr Getreide vermahlen. „Wir sind ja eine Kleinmühle und meine Eltern haben noch bis 1982 hier drin gelebt“, erläutert der Müller. Ähnlich wie bei den kleinbäuerlichen Betrieben Stall und Wohnung in einem Gebäude waren, war auch hier Wohnung und Mühle in einem Gebäude. Die neuere, durchgängige Mühle benötigte mehr Platz und hat auch eine höhere Leistung. Das Mahlgut wird mit Hilfe eines pneumatischen Systems in 16 Passagen überhoben, dann abgesiebt und durchgängig gemahlen, bis der gewünschte Mahlgrad erreicht ist. „Das schonende Mahlen in vielen Arbeitsgängen erhält die gute Backfähigkeit des Mehls“, begründet Isemann die vielen Durchläufe.

In den Walzenstühlen beider Mühlensysteme wird das Getreide zu Schrot, Grieß, Dunst und Mehl aufgeschlossen. Im Plansichter wird das Mehl separiert und die Zwischenprodukte dem jeweiligen Walzenpaar zur weiteren Vermahlung zugeführt. „Das Mehl wird dann in Mehlsilos zwischengelagert und je nach gewünschter Type homogen gemischt und in unterschiedliche Gebindegrößen abgepackt“, führt Isemann aus.


Klimawandel bereitet den Müllern Sorgen


Im hinteren Teil des Mühlengebäudes stehen Getreidesilos: Das fast ausschließlich von regionalen Erzeugern gelieferte Getreide wird nach genauer Untersuchung gereinigt, automatisch gewogen und je nach Sorte und Qualität in verschiedenen Silozellen eingelagert. Und bis zur Weiterverarbeitung auf circa sieben Grad heruntergekühlt.

Das Wasserrecht am Schwarzbach, aus dem die Mühle ihre Energie bezieht, ist seit Generationen an dieser Stelle zwischen der Getreidemühle Isemann und der direkt angrenzenden Getreidemühle Sties geteilt. Zwei unterschlächtige Wasserräder mit sechs Metern Durchmesser trieben bis 1971 die Maschinen beider Betriebe an. Zahnräder und Riemen übertrugen die Wasserkraft bis in den obersten Winkel der Mühlen. „Wenn die Mühlen stillstanden, mussten wir 100 Meter weiter oben das Wehr ziehen, die Schlies wie man sagt, damit das Wasser dort abfließen konnte“, so Isemann. Seit 1971 klappern die Wasserräder jedoch nicht mehr. Die beiden Mühlenbesitzer bauten gemeinsam eine stehende Francis-Turbine ein. Bis heute erzeugen sie damit rund um die Uhr ihren eigenen Strom. Was übrig ist, wird an die Pfalzwerke verkauft, was fehlt, speisen die Pfalzwerke ein. Das Wehr muss nur noch bei Hochwasser oder Wartungsarbeiten gezogen werden. Sorgen bereitet den beiden Müllern jedoch der Klimawandel. „Wenn es so weiter geht wie in den letzten Jahren, müssen wir im Sommer die Turbine abstellen“, befürchtet Hans Isemann. Mit dem wenigen Wasser, die der Schwarzbach dann führe, sei kaum noch Energie zu gewinnen.

„Damit wir als Kleinmühle eine Überlebenschance haben, mussten wir uns schon frühzeitig auf Nischenprodukte spezialisieren“, berichtet Isemann. So zum Beispiel auf die Aufbereitung und Vermahlung von Dinkel, Einkorn und Emmer, konventionell sowie in Bioqualität. Seit 1986 sind sie Bioland-Vertragsmühle. Darüber hinaus bieten die Isemanns, wie früher der Großvater, Lohnarbeiten für Selbstversorgergemeinschaften, Hofläden und andere an. Das Getreide, welches die Kunden bringen, wird zu hundert Prozent veredelt zurückgeliefert. In allen gewünschten Verarbeitungsstufen und Packungsgrößen. „Großmühlen können das gar nicht machen, deren Durchsatz ist dafür viel zu groß“, fügt er ergänzend hinzu.