Solch verheerende Schäden kann Hagel anrichten. Foto: dpa
VON HANS PETER SEITEL
Unzählige Hausbesitzer haben es schon erlebt: Hagelkörner können immense Schäden am Gebäude verursachen. Die Versicherungsbranche rät zum vorbeugenden Schutz durch die Verwendung widerstandsfähiger Baumaterialien und -teile. Es gibt aber auch alternative Lösungen.
Hagel gefährdet Hausdächer und Fassaden ebenso wie Fenster, Rollläden oder Jalousien. „Kommt der Hagel senkrecht herunter, trifft er vor allem Dächer und Dachbauten. Wird Hagel von starkem Sturm durch die Luft getrieben, trifft er Hausfassaden und Putz splittert ab“, berichtet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Manche Hagelkörner sind faustdick – und mit der Dicke steigt die Aufprallgeschwindigkeit sowie das Ausmaß möglicher Schäden. Laut sogenanntem Hagelregister kommen drei Zentimeter große Hagelkörner auf 90 Kilometer in der Stunde (km/h). Er lässt Fensterscheiben, Tonziegel und Schiefer zerbrechen. Sind die Körner sechs Zentimeter dick, zerspringen Betonziegel (120 km/h), und mit acht Zentimetern beschädigen sie Backsteinhäuser (140 km/h). Aber auch kleine Körner von zwei Zentimetern können Unheil anrichten, etwa an Solaranlagen, Oberlichtern oder Dachrinnen.
„Um sein Haus wirksam gegen Hagel zu schützen, sollten bereits beim Bau und insbesondere nach einem Hagelschaden bei Reparaturen möglichst hagelgeprüfte Bauteile und Baustoffe verwendet werden – auch wenn dies in den deutschen Bauverordnungen nicht vorgeschrieben ist“, sagt GDV-Experte Mathias Zunk. Wer ein älteres Haus kauft, könne den Hagelschutz verbessern, indem er etwa Dachkuppelfenster gegen hagelsichere Fenster austauscht. Empfindliche Bauteile ohne nachgewiesene Hagel-Widerstandsfähigkeit sollten durch Schutznetze oder -abdeckungen vor Hagelschäden bewahrt werden, rät der GDV.
Widerstandsfähige Baumaterialien sind nicht unzerstörbar
Wie widerstandsfähig Baumaterialien und -teile gegen Hagel sind, zeigt die Hagel-Widerstandsklasse (HW). HW 3 bedeutet zum Beispiel, dass ein Bauteil einem Hagelkorn mit drei Zentimetern Durchmesser standhält. „HW3 entspricht einem Mindest-Hagelwiderstand und HW5 oder gar HW7 einem sehr hohen Widerstand“, erläutert Versicherungsfachmann Zunk.
Je höher jedoch die Widerstandskraft, desto mehr kann die Sache ins Geld gehen. „Ob das Blechprofil eines Alu-Rollladens 0,3 Millimeter oder 0,5 oder 0,8 Millimeter stark ist, macht schon einen deutlichen Preisunterschied aus“, erläutert Diplom-Ingenieur Marc Ellinger, Leiter des Regionalbüros Freiburg-Südbaden vom Verband Privater Bauherren (VPB). Er zeigt sich skeptisch hinsichtlich der Frage, ob sich Investitionen in HW-klassifizierte Produkte auszahlen. „Das kann nur jeder Bauherr und Hauseigentümer für sich selbst entscheiden. Ich würde diese Materialien beim eigenen Hausbau nicht einsetzen. Sie sind widerstandsfähiger, aber nicht unkaputtbar“, sagt Ellinger. Auch klassifizierte Produkte, die der Hagel nicht zerschlägt, würden sich nach seiner Einschätzung bei entsprechender Aufprallgeschwindigkeit verformen oder oberflächlich Schäden erleiden. „Gebäudehüllen sind nicht für einen großkalibrigen Beschuss gemacht. Hagelkörner in Golfballgröße oder größer haben ähnliche Wirkung“, betont der VPB-Berater.
Wohngebäudeversicherung deckt Hagelschäden ab
Statt HW-klassierte Bauprodukte einzusetzen, rät Ellinger zu anderen Möglichkeiten, um Wohneigentum zu schützen. „Beispielsweise kann bei starkem Hagel ein stabiles Unterdach mit Unterspannbahnen unter dem ziegelgedeckten Dach mehr Schutzwirkung für das Gebäudeinnere entfalten als besonders widerstandsfähige Ziegel“, erläutert der Berater. Für Dachflächenfenster empfiehlt er Gläser mit vorgelegter Verbundglasscheibe, die beim Hagelaufprall zwar möglicherweise splitterten, aber nicht zersprängen. Ellinger: „Der Schutz des Gebäudeinneren vor einem Wasserschaden und der Schutz des teuren Hausrats ist meines Erachtens wichtiger, als die Gebäudehülle vor Schäden zu bewahren. Die Gefährdung des Hausrats ist das größere Risiko.“
Versichert werden können Hagelschäden mit einer Wohngebäudeversicherung, die außerdem Schäden durch Feuer, Sturm und Leitungswasser abdeckt. „Noch bevor es ans Aufräumen und Reparieren geht, sollten Schäden umgehend beim Versicherer gemeldet werden. Jede zerbrochene Scheiben und alle zerstörten oder beschädigten Gegenstände müssen zur Regulierung des Schadens dokumentiert werden“, erläutert GDV-Experte Zunk. So dürfe ein kaputtes Dach nicht repariert werden, solange der Umfang des Schadens nicht von einem Gutachter festgestellt wurde. Sicherungsmaßnahmen, etwa mit Kunststoffplanen gegen eindringendes Wasser, sind aber durchaus geboten.
Das Hagelregister listet hagelgeprüfte Produkte mit Angabe der HW-Klasse auf (www.hagelregister.at und www.hagelregister.ch). Laut GDV erfolgen die Prüfungen in anerkannten Prüfstellen in Deutschland, der Schweiz und Österreich. Die Register-Webseiten in Österreich und der Schweiz enthalten auch Produkte aus Deutschland. Eine deutsche Hagelregister-Webseite gibt es derzeit nicht.