Aufstocken: Aufwand nicht unterschätzen

Bauland ist knapp, vor allem in Innenstädten. Warum also nicht eine zusätzliche Etage aufs Haus drauf bauen? Das schafft einfach mehr Wohnraum. Foto: Florian Schuh/dpa-tmn

Bauland ist knapp, vor allem in Innenstädten. Warum also nicht eine zusätzliche Etage aufs Haus drauf bauen? Das schafft einfach mehr Wohnraum. Foto: Florian Schuh/dpa-tmn 

 

Eine neue Etage auf dem Haus schafft zusätzlichen Raum. Doch nicht jedes Haus ist für eine Aufstockung geeignet. Und Hausbesitzer müssen beim Bau einiges beachten.

Bauland ist knapp und teuer, aber Platz nach oben gibt es eigentlich genug. Warum also nicht einfach eine zusätzliche Etage aufs Haus bauen, um neuen Wohnraum zu schaffen? Ein Obergeschoss bietet Raum für vieles: genügend Zimmer für die Kinder, Platz für Hobbys, vielleicht Büro- oder Gewerberäume fürs Homeoffice oder eine Einliegerwohnung, die vermietet werden kann.

„Grundsätzlich ist es eine gute Idee, darüber nachzudenken, ein neues Dach aufzusatteln“, sagt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren in Berlin. Damit kann Bauland effektiver genutzt werden.

„Aber jedes diesbezügliche Gedankenspiel sollte mit einem Besuch der zuständigen Baubehörde beginnen“, ist ihr Rat. Denn ein Geschossaufbau ist vergleichbar mit einem Neubau. Das bedeutet: Der Bauherr muss Pläne und Berechnungen einreichen und behördlich genehmigen lassen.

Erster Schritt: Baubehörde aufsuchen

Nur wenn es die regionale Bauordnung hergibt, darf in die Höhe gebaut werden. Der örtliche Bebauungsplan regelt Gebäudehöhen, maximale Wohnflächen, Dachform, Dachneigung und Firstrichtung. „Ist kein Bebauungsplan vorhanden, gilt der Grundsatz, dass sich jeder an den Gebäuden der Umgebung zu orientieren hat“, erklärt Reinhold-Postina.

Stehen also in der Nachbarschaft schon Häuser mit aufgesattelten Dächern, erhöht das die Chancen, dass man selbst aufstocken darf. „Eine Garantie für eine Genehmigung des eigenen Projekts ist es aber nicht“, weiß die Bau-Expertin.

Die Statik muss mitspielen

Ob sich ein neues Geschoss aufbauen lässt, hängt natürlich auch wesentlich vom Zustand des vorhandenen Gebäudes ab. „Es muss intakt und wertig sein“, sagt Georg Lange, Geschäftsführer im Bundesverband Deutscher Fertigbau in Bad Honnef.

Das heißt: Das Fundament und die Statik müssen es hergeben, dass eine zusätzliche Last aufgebracht werden kann. „Gegebenenfalls sollte auch das Bestandsgebäude energetisch ertüchtigt werden, um die maximale Energieeffizienz zu erreichen. Denn zu Wohnzwecken genutzte Dächer müssen ohnehin den Vorgaben der Energieeinsparverordnung entsprechen.“

Es gibt verschiedene Möglichkeiten ein neues Dachgeschoss zu errichten. „Man kann ein Flachdach durch ein stärker geneigtes Dach ersetzen“, nennt Reinhold-Postina ein Beispiel. Auch mit der Erhöhung des Kniestocks beim Steildach lässt sich Wohnraum gewinnen. Als Kniestock bezeichnet man die bis über die oberste Geschossdecke hinausreichende Außenwand, auf der die Sparren aufliegen.

Reinhold-Postina weiß: „Je größer die Kniestockhöhe, desto mehr Wohnraum kann im Dach geschaffen werden.“ Die umfangreichste Maßnahme ist der Aufbau einer kompletten zusätzlichen Etage. Dafür wird das alte Dach entfernt und ein neues Geschoss mit einem neuen Dach aufgebaut. Meist wird das in Häusern mit einem Flachdach praktiziert.

„Das lässt sich gut mit Holztafelelementen ausführen“, sagt Lange. „Sie eignen sich nicht nur hervorragend zum Bau von Fertighäusern, sondern nahezu jedes Wohnhaus kann mit diesen Fertigteilelementen aufgestockt werden. Auch ganze Raummodule sind in dieser Konstruktionsweise möglich.“

Solche neuen Obergeschosse sind zum Teil schon mit Küche, Bad und Privaträumen ausgestattet und haben eine bereits montierte Sanitärausstattung. Wichtig sei, so erklärt es Lange, dass die Anschlüsse zum alten Haus passen. „Deshalb sollten Bauherren unbedingt ihre alten Baupläne bereithalten, um die Planung zu erleichtern.“

Wann lohnt sich eine neue Etage?

Ob sich ein Geschossaufbau lohnt, hängt wesentlich von der Größe des Daches ab. Denn sie bestimmt, wie groß die Wohnfläche am Ende ausfällt. Das ergibt sich aus der Dachneigung und der Grundfläche. „Je kleiner die Grundfläche, desto steiler muss der Dachstuhl sein, damit möglichst viel Raum mit ausreichender Kopfhöhe entsteht“, sagt Reinhold-Postina. Mindestens 22 Prozent Neigung sollte das Dach haben.

Auch wenn manche Baufirmen versprechen, dass ein neues Dach im Handumdrehen aufgebaut ist, sollten Bauherren den Aufwand nicht unterschätzen. „Es ist nicht mit zwei, drei Tagen getan“, warnt Reinhold-Postina. „So ein Dachaufbau kann Monate dauern.“

Ist das Haus in dieser Zeit bewohnt, müssen die Bewohner mit viel Lärm und Dreck rechnen. Und es kann sein, dass der Dachausbau weitere Baumaßnahmen am Haus nach sich zieht. „Nicht selten steht am Ende eine Komplettsanierung des Gebäudes an“, erzählt die Bau-Expertin.

Lange findet die Investition in ein zusätzliches Geschoss dennoch oft sinnvoll. Auch, weil das in bestehenden Wohngebieten neuen Wohnraum schafft, ohne die ohnehin knappen Freiflächen zusätzlich zu überbauen.

„Vorausschauende Häuslebauer planen schon beim Neubau ihres Hauses einen möglichen Dachausbau mit ein“, sagt er. Dann sei das Gebäude in seiner gesamten Lebenszeit flexibel nutzbar. Entsteht Bedarf nach zusätzlichen Wohnraum, könne er unkompliziert und kostengünstig geschaffen werden, weil das Haus bereits darauf vorbereitet ist. (dpa)