Wechselvolle Geschichte: Haus Schlemmer in Waldmohr

In dem denkmalgeschützen Haus Schlemmer in Waldmohr ist heute ist das Jobcenter untergebracht. Foto: Regina Wilhelm



VON REGINA WILHELM

„Es gehört zu den Aushängeschildern unserer Stadt.“ Stolz betrachtet Kulturbeigeordneter Werner Braun das Haus Schlemmer. Es steht schräg gegenüber dem 1849/50 gebauten Rathaus Waldmohr, bildet mit ihm eine architektonische Einheit. 2010 kaufte das Rote Kreuz das denkmalgeschützte Anwesen. Nach der Grundsanierung zog im April 2015 das Jobcenter der Verbandsgemeinde Oberes Glantal als Mieter ein.

Das Haus in der Rathausstraße 3 erbaute 1864 bis 1866 der Wirt Christian Schlemmer. Vorher befand sich dort ein „etwa gleich großes bäuerliches Anwesen“, das aus dem 18. Jahrhundert stammte, wie in der von Christian Schüler-Beigang bearbeiteten „Denkmaltopographie des Kreises Kusel“ nachzulesen ist. Im Stil des bayerischen Spätklassizismus errichtet, orientiere es sich an den öffentlichen Gebäuden der damaligen Zeit, heißt es weiter.

Die Historie des Hauses ist wechselvoll. Dereinst residierte darin das Postamt. Ende des 19. Jahrhunderts eröffnete der Saarlouiser Kaufmann Salomon Levy das „Saarlouiser Engros-Lager L. Schwarz“, das spätere Kaufhaus Levy. Der Sohn des Firmengründers floh 1936 in die USA. Das Modegeschäft Jung sollte die Räume übernehmen. Unter der Adresse waren auch die Bezirkssparkasse, eine Einnehmerei und in jüngerer Zeit ein Makler sowie  ein Reisebüro zu finden. „Lange stand es leer und verkam“, erinnert sich Werner Braun.

Ein Terrazzo-Boden ist erhalten 

Dem Betrachter fällt auf, dass das zweieinhalbgeschossige Gebäude auf einem die Hanglage nivellierenden Sockel ruht. Die einst durchgängige Treppe in der Mitte machte 1908 zwei Einzeltreppen Platz. Schon um 1905 wurde die frühere Symmetrie der Fassade aufgelöst: Zu den drei Schaufenstern in der Mitte gesellten sich linker Hand zwei weitere, ersetzten die üblichen Sprossenfenster. Vertikale Sandstein-Mauerstreifen unterbrechen die heute in Orange gehaltene Fassade. Kontrastierend dazu leuchten die Fensterläden des Obergeschosses in Grün. Unterhalb des überstehenden Satteldachs zieren acht kleine, wie Zwillingsfenster anmutende Quadrate die Vorder- und Rückfront. Lediglich an den schmalen Seiten sind richtige Dachfenster eingelassen.

Eine zweiflügelige, restaurierte Tür führt ins Jobcenter. Der Blick fällt auf den aus der früheren Epoche erhaltenen Terrazzo-Boden. Ganz modern dagegen sind  die je sechs im Erd- und Obergeschoss untergebrachten Büros der Arbeitsvermittlung und Leistungsabteilung. Ein Sozialraum mit Küche darf nicht fehlen. Um einen gläsernen Aufzug zu installieren, wurde ein Teil der Rückwand aufgebrochen. 
Die Holztreppe weist ein Geländer aus Metall und ein altes, rot-grün gestrichenes aus Holz auf. Dicke, feiste Balken prägen den Speicher, der mit Holz- und Glaswolle ausgelegt ist. „Der Platz wird nicht gebraucht“, erklärt Mario Kalkbrenner, Kleinteamleiter der Leistungsabteilung.

Es gibt noch einige ungenutzte Bereiche 

Ganz anders der riesige Felsenkeller. In zwei großen Räumen hängen Akten über Akten. Auch Technik und Heizung sind zu finden. Ein kleiner, wie ein Lager wirkender Raum, der durch zwei Stufen, eine Glastür und Fenster abgetrennt ist, diente früher als Schankraum, wie Werner Braun weiß. Eine jetzt verschlossene Tür führt nach draußen. Es gibt weitere ungenutzte Bereiche, darunter die ehemalige, über und über mit Ruß überzogene Räucherkammer.

In diesen Keller flohen die Bediensteten der Einnehmerei bei Fliegeralarm. Liesel Schneider, die während des Krieges hier arbeitete, erinnert sich noch genau. Auch weiß sie, dass die Familie Jung über ihrem Geschäft wohnte, und sie erzählt von „einer geräumigen Küche“, die sich im ersten Stock befand. Der Garten auf der Rückseite habe dem heutigen Parkplatz weichen müssen.