Hausreben bieten viele Gestaltungsmöglichkeiten

Zierwert, Sichtschutz, Beschattung, Eigenversorgung mit Trauben – die Gründe, Hausreben anzupflanzen, sind vielfältig. Foto: Spiroview Inc./stock.adobe.com



Die insbesondere in Weinbaugebieten häufig an alten Fassaden und über die Straße rankenden Hausreben verleihen Ortschaften einen ganz eigenen Charme. Wurden sie früher mitunter an Hauswänden gepflanzt, weil ihre tiefreichenden Wurzeln das Feuchtwerden von deren Fundamenten verhinderten, steht heute der Zierwert im Vordergrund. Fragen rund um die Hausrebe beantwortet Gerd Götz, Weinbauberater beim Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz.


Herr Götz, werden heute immer noch Rebstöcke gepflanzt, um das Feuchtwerden der Fundamente bei alten Häusern zu verhindern?

Nein, das ist kein Grund mehr, denn dafür gibt es zwischenzeitlich ganz andere, wesentlich bessere Möglichkeiten. 


Was sind nun die Beweggründe?

Zierwert, Sichtschutz, Beschattung, Eigenversorgung mit Trauben – die Gründe sind vielfältig. Für die Gestaltung von Fassaden oder versiegelten Hofflächen ist die Weinrebe geradezu ideal. Mit den rankenden Reben lassen sich auch unschöne Wände gut überdecken oder Pergolen in sonnigen Innenhöfen in schattige Plätze verwandeln. Die neuen pilzfesten Sorten sind pflegeleicht, und im Optimalfall werden Reben mehr als 50 Jahre alt. 


Was macht Hausreben so beliebt?

Die rankenden Reben bieten viele Gestaltungsmöglichkeiten, brauchen für den Wurzelbereich und den Stamm wenig Platz, sind genügsam und wachsen relativ schnell. Sie finden in jedem Boden Nährstoffe und kommen meist ohne Dünger aus, sobald sie sich etabliert haben. Letzteres ist sinnvoll, denn Dünger wird durch Regen ausgewaschen und gelangt in die Kanalisation. Er sollte zumindest in den Boden eingearbeitet werden. 


Klettert die Rebe eigenständig an der Hauswand hoch?

Das kann nur der Kletterwein oder der Wilde Wein mithilfe von Haftscheiben, aber der hat mit eigentlichen Hausreben nichts zu tun. Die Rebe ist zwar eine Kletterpflanze, aber sie braucht einen Halt, sie kann sich nicht ohne Stütze an der Fassade hochranken. Gute Dienste leisten ein Lattengerüst oder zwei bis drei Drähte in unterschiedlicher Höhe, an denen sich die Reben festranken und die Triebe angeheftet oder festgebunden werden können. 


Was ist zu beachten, wenn die Rebe einen bestimmten Bereich abdecken soll?

Die Rebe muss erzogen werden, sonst wird daraus nur ein wuchernder Busch. Dafür ist ein jährlicher, starker Rückschnitt erforderlich, der im Winter zwischen Laubfall und Neuaustrieb erfolgt. Im ersten Jahr wird zunächst nur ein Hauptstamm aus einem senkrecht wachsenden Trieb der jungen Rebe aufgebaut. Frühestens ab dem zweiten Jahr werden in geeigneter Höhe Quertriebe gezogen, die später das Fruchtholz bilden und die Trauben tragen. Sollen Hausreben entlang von Gehwegen überhängen oder an Drähten oder Gerüsten über Verkehrsstraßen gezogen werden, dürfen herabhängende Sommertriebe kein Hindernis für Fahrzeuge und Fußgänger darstellen. Sie brauchen deshalb entsprechend hohe Stämme, die über mehrere Jahre abschnittsweise aufgebaut werden müssen. 


Wie lange dauert es, bis Rebranken über die Straße reichen?

Das hängt von der Rebsorte ab, aber auch vom Boden und der Pflege. Fünf bis sieben Jahre wird es schon dauern, bis sie so einen kräftigen Stamm haben, dass man sie hoch über die Straße ziehen kann. 


Welche Ansprüche hat eine Rebe an den Boden?

Die Rebe ist robust. Man kann sie fast auf jeden Boden setzen. Sobald sie gut verwurzelt ist, verträgt sie auch Trockenheit. Anfangs sollte sie gewässert werden, später nur noch bei langanhaltender Trockenheit.

Beim Einpflanzen am besten ein wenig Kompost mit einarbeiten und angießen – aber nicht übertreiben, denn Reben vertragen keine nasse „Füße“.  


Wie viele Reben sollte man pflanzen?

Das hängt vom Platzangebot ab. Reben sind Selbstbestäuber, für die Bestäubung brauchen sie also keine weiteren Pflanzen. Soll jedoch ein größerer Bereich begrünt werden, können die Reben im Abstand von rund einem Meter gepflanzt werden, damit sie den Platz auch in der Höhe schneller ausfüllen. 


Gelingt die Rebenzucht an jeder Hausseite?

Das kommt auf das Klima in der Region an. Anders als in Norddeutschland ist es den Reben bei uns in der Pfalz an der Südseite manchmal schon zu heiß. Dafür sollten sie wärmeverträglich sein, denn auch Trauben können einen Sonnenbrand bekommen. An der Nordseite werden die Reben bei uns gedeihen, Trauben bleiben jedoch eher neutral. Optimal ist für den Anbau die Westseite, je nach Sorte ist auch die Ostseite geeignet. Die Wand sollte möglichst direkt besonnt sein.


Müssen rechtliche Bestimmungen beachtet werden?

In Deutschland dürfen nur Pflanzreben verkauft werden, die auf reblausfeste Unterlagen gepfropft wurden. Reben aus selbstgezogenen Stecklingen können an der Wurzel von der Reblaus befallen werden, die Rebe wird krank und geht ein. Das noch größere Problem dabei ist jedoch, dass sich die Reblaus dadurch weiter ausbreitet und sich unter Umständen auf angrenzende Weinberge ausbreitet. 


Was gibt es bei der Auswahl der Rebe zu bedenken?

Sie sollte möglichst pilztolerant sein. Da die Hausrebe oft im öffentlichen Raum an versiegelten Flächen wächst, ist Pflanzenschutz nicht möglich. Deshalb werden spezielle pilzfeste Hausreben gezüchtet, die nicht gespritzt werden brauchen, die trotzdem robust wachsen und schön ausschauen, möglicherweise auch ein paar Trauben bringen. Einen leichten Anflug von Mehltau werden sie meistens haben, damit muss man leben.

Darüber hinaus würde ich bei der Auswahl einer Rebe für die Hauswand an einer stark befahrenen Straße mehr Wert auf Beschattung und ein schönes Blattwerk legen als auf erntefrische Trauben. Denn letztere sind dort schon aufgrund des ständigen Verkehrs Schmutz und Abgasen ausgesetzt. 


Können Hausreben Schäden an der Fassade verursachen?

Die Hausreben selbst nicht, sie haben Ranken und keine Haftscheiben. Schäden entstehen höchstens bei der Befestigung einer Rankhilfe. Außerdem sind rote Trauben für eine Fassade nicht gerade optimal. Die Wand wird durch reife oder faule Trauben und verletzte Beeren schnell verfärbt. Hellschalige Trauben sind da eher zu empfehlen. 


Viele Pfälzer lieben Riesling und Dornfelder. Sind sie als Hausrebe geeignet?

Davon rate ich ab. Denn ohne jeglichen Pflanzenschutz werden die Blätter anfälliger Sorten unweigerlich von Mehltaupilzen heimgesucht. Empfehlenswert sind robusten Sorten wie Birstaler Muskat oder Bianca, und wenn es doch eine rote Traube sein soll, die Sorte Muskat bleu. 

Interview: Stephanie Bräunling