Gut Hohenberg: Kompetenzen fürs Leben lernen

In der Backstube auf dem Hofgut Hohenberg wird von den Kindern der Teig für das Brot angesetzt, das gegenüber in dem großen Holzbackofen gebacken wird. Foto: Bräunling




VON STEPHANIE BRÄUNLING


Am Rande des Pfälzerwaldes liegt außerhalb von Queichhambach, einem Stadtteil von Annweiler, der Schul- und Seminarbauernhof Gut Hohenberg. Insbesondere Schülern auf  Klassenfahrten wird hier ein Einblick in die Zusammenhänge ökologischer Landbewirtschaftung und die Herstellung gesunder Lebensmittel gewährt. 2020 hat die Landauer Montessori-Schule den Lernbauernhof und den zugehörigen Naturkindergarten gekauft.


Das um 1960 im Rahmen des staatlich geförderten Programms „Ferien auf dem Bauernhof“ erbaute Anwesen wurde seit 1998 von der Stiftung Ökologie & Landbau bewirtschaftet und zu einem Schul- und Seminarbauernhof weiter ausgebaut. Seit 2014 beherbergt das Gut auch einen Naturkindergarten. Das Anwesen stand 2020 zum Verkauf. Die Landauer Montessori-Schule suchte schon länger einen Bauernhof und griff zu – trotz aller Schwierigkeiten durch Corona.

„Wir haben das gesamte Hofgut übernommen mit dem Ziel, es für und mithilfe unserer rund 700 Schüler und der Elterninitiative in dieser Form fortzuführen“, erklärt Frank Henigin, der Geschäftsführer der Elterninitiative „Freie Montessori Schule Landau“. Vor allem Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene sollen hier Landwirtschaft und Lebensmittelqualität schätzen lernen, möglichst vielseitige und ursprüngliche Landwirtschaft erleben. „Die Kinder lernen hier durch Erfahrung, und das bedeutet nachhaltiges Wissen“, erläutert die Diplom-Sonderpädagogin Kerstin Wallinda.

Mehr als  30 Kinder können während ihres Aufenthaltes bei Klassenfahrten hier wohnen. Zudem stehen vier Gästedoppelzimmer und ein Seminarraum sowie Zimmer für die Angestellten zur Verfügung. „Die Coronazeit haben wir genutzt, das Gebäude innen zu renovieren“, erzählt Frank Henigin. Viel Wert hätten sie auf die Verwendung nachhaltiger Materialien gelegt. „Im Schülerübernachtungstrakt wurden die Holzböden sowie die selbst geschreinerten Holzmöbel geschliffen und je nach Beanspruchung gewachst oder geölt“, ergänzt der Betriebsleiter Dirk Sthamer. Für die Wände habe man atmungsaktive Kalkfarben verwendet.


Kreislauf von Anbau, Verarbeitung und Verkauf von Lebensmitteln 


Klassenfahrten werden für die eigenen, nach wir vor jedoch auch für Schüler anderer Schulen und Gruppen angeboten. Darüber hinaus sei das Hofgut für die eigenen Schüler deshalb so interessant, weil hier der sogenannte Erd-Kinder-Plan umgesetzt werden könne, ein besonderes pädagogisches Konzept der Montessori-Schule. „Die Idee setzt ein, wo normalerweise das klassische Lernen während der Pubertät nicht mehr so gut funktioniert“, erläutert Frank Henigin. Dabei gehe es um den Erwerb von Kompetenzen, von Selbstständigkeit, von Eigenverantwortung. Da sei der Schulbauernhof mit seinen Tieren wie Hühnern, Ziegen, Schweinen, Eseln oder Pferden ein ideales Betätigungsfeld.

Auch im gesamten wirtschaftlichen Kreislauf von Anbau, Verarbeitung und Verkauf von Lebensmitteln übernähmen die Schüler Verantwortung. Und Lerninhalte des Lehrplans würden daran angeknüpft. Frank Henigin zeigt beispielhaft auf eine große Holzhütte, noch im Rohbau: „Das wird ein Hofladen.“ Er soll durch Schüler und Eltern bewirtschaftet werden. „In den Unterrichtsstoff wird dies unter anderem mit einbezogen, indem die Schüler ein betriebswirtschaftliches Konzept hierfür entwickeln“, erklärt Kerstin Wallinda. Mit Einkauf, Verkauf, Kalkulation, Erstellung eines Warenwirtschaftssystems würden sie aufs Unternehmertum vorbereitet.

Bei Klassenfahrten seien die Schüler in der Regel eine Woche hier. Täglich rotierend würden sie in Stall-, Feld-, Backstuben- und Küchengruppen eingeteilt. Am Ende der Woche hätten sie alles einmal gesehen und selbst gemacht. Beispielsweise werde das Brot selbst gebacken. „Die Schüler erleben hier, welche Prozesse vom Rohstoff über die Verarbeitung bis zum Endprodukt nötig sind“, so Dirk Sthamer. In der Backstube das am Hof angebaute Getreide mahlen, Teig ansetzen – und draußen in dem großen steinernen Holzbackofen auf dem Vorplatz backen. Mit dem Lehrplan der verschiedenen Fächer würden diese Tätigkeiten ebenfalls, je nach Alter, verknüpft. „Mit Fragen zu Gärprozessen oder mit der Durchführung von Bodenanalysen“, nennt Kerstin Wallinda mögliche Aspekte. Grundsätzlich könne man die komplette Naturwissenschaft hierher verlagern.

Umweltbewusstes Leben werde den Schülern auch anhand der beiden Zisternen nähergebracht. Sie könnten insgesamt bis zu 25.000 Liter Wasser fassen, das für die Toilettenspülung genutzt würde. Oder anhand der großen Holzheizung: „1100 Quadratmeter werden mit nachhaltigem Holz von Forstrevieren aus der Umgebung geheizt“, erklärt Frank Henigin. Die Stämme würden LKW-weise gekauft, hier abgelagert, in Meterstücke zersägt, gespalten und aufgestapelt. Für umweltschonende Warmwasserbereitung habe man Solarzellen auf der Südseite des Dachs angebracht. Und Zukunftspläne gebe es ebenfalls: Eine Photovoltaikanlage für Strom im Zusammenhang mit einer Dachbegrünung sei bereits in Planung.