Bei der Wertentwicklung einer Immobilie noch immer eines der wichtigsten Kriterien: die Lage. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
Das Festgeld ist zu unrentabel, das Aktiendepot nicht jedermanns Ding. Eine Immobilie erscheint vielen als sichere Geldanlage. Doch gilt das mit steigenden Preisen und Zinsen noch immer?
Parkstraße oder Schlossallee? Ein Haus, zwei Häuser oder gleich ein Hotel? Das Gesellschaftsspiel Monopoly macht es vor: Die Investition in Immobilien kann reich machen. In der Realität ist es natürlich nicht ganz so einfach. Die Energiepreise steigen, die Zinsen ebenfalls, Handwerker und Baumaterial sind teilweise schwer zu bekommen. Hat sich also eine Blase aufgebaut, die bald platzt? Expertinnen und Experten bleiben gelassen.
„In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Immobilienmarkt fundamental gut entwickelt“, sagt Ralph Henger, Immobilienexperte beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Er ist sich sicher, dass sich eine vermietete Immobilie als Geldanlage weiterhin lohnt. Eine jährliche Rendite von mindestens zwei Prozent hält er für realistisch. „Eine Knappheit gerade in Ballungsräumen wird es auch in den kommenden Jahren geben.“ Darum könnten Investorinnen und Investoren davon ausgehen, dass die Preise hoch bleiben.
Auch Axel Guthmann, Verbandsdirektor der Landesbausparkassen in Berlin, sieht die Entwicklung gelassen: „Durch die Zinswende der Europäischen Zentralbank dürften wir eine Preisberuhigung erleben.“ Er vermutet, dass die Preise sich auf dem aktuell hohen Niveau einpendeln.
Kapitalmarktzinsen müssten für Rückgang stärker steigen
Damit die Immobilienpreise sinken, müssten die Kapitalmarktzinsen noch viel kräftiger ansteigen, auf vier oder fünf Prozent mindestens, schätzt Guthmann. Das würde in erster Linie die Immobilien treffen, bei denen Investoren zu wenig auf Qualität und Lage geachtet hätten. „Wir haben punktuell Übertreibungen, insbesondere in Großstädten“, sagt Guthmann. Den gesamten Wohnimmobilienmarkt pauschal unter Blasenverdacht zu stellen, hält er dagegen für falsch.
Wichtig ist nach wie vor die Lage. Als sichere und rentable Investitionen gelten noch immer Immobilien in Großstädten. Aber der sogenannte Speckgürtel hat längst aufgeholt. „Alles, was mit Bus und Bahn gut erreichbar ist, wird teurer“, sagt Heike Nicodemus von der Stiftung Warentest in Berlin.
Eine Stadt wie zum Beispiel Berlin sei so anziehend, dass sich die Preise von Immobilien selbst in weiter entfernten, kleineren Städten erhöht hätten, wenn die Anbindung an die Hauptstadt gut sei. „Berlin strahlt bis Eberswalde aus“, sagt auch Sibylle Barent, Leiterin Steuer- und Finanzpolitik beim Eigentümerverband Haus und Grund in Berlin.
Entwicklung der Umgebung ist für Wertsteigerung wichtig
Investoren und Investorinnen, die eine Immobilie wirklich rein als Geldanlage anschaffen wollen, sollten daher besonders auf die Entwicklung der Umgebung achten, sagt Henger. Eine Universitätsstadt etwa mit einem gesunden Bevölkerungswachstum, das vermutlich anhalten werde, sei eine gute Wahl. In einer Großstadt müsse man wissen, dass die Quartiere unterschiedlich bewertet werden.
„Hochspannend für Investoren ist es, die Wohngegenden zu identifizieren, die sich noch entwickeln werden.“ Ein Viertel mit relativ günstigen Mieten und etwas Leerstand, das junge Menschen anziehe: „Das hat gute Chancen für ein zukünftig gutes Quartier“, sagt Henger.
Außerhalb der Städte zählen ÖPNV und Glasfaserausbau
Außerhalb der Großstädte sind andere Faktoren wichtig. Im Speckgürtel seien es die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln und der Ausbau des Glasfasernetzes, sagt Sibylle Barent. In weiter entfernten Regionen komme der Arbeitsmarkt hinzu: „Achten Sie auf mögliche Arbeitgeber: Sind es wenige große oder mehrere? Sind die Branchen zukunftsfähig?“
Hinzu kommt der Zustand der Immobilie. „Man muss sich schon den energetischen Zustand anschauen, die Heizung, die Fenster, die Dämmung“, sagt Barent. Bei einem Altbau schade es nicht, vor dem Kauf mit einem Bausachverständigen durch die Räume zu gehen. Axel Guthmann weist auf die Folgekosten eines schlechten energetischen Zustands hin. „Das kann weitere Investitionen erforderlich machen“, sagt er.
Zudem sei es möglich, dass der Gesetzgeber Eigentümern weitere Pflichten für die energetische Modernisierung des Hauses auferlegen werde. Hier sei vieles noch unklar.
Bei selbst genutzter Immobilie ist es anders
Entspannter ist die Lage für diejenigen, die ihre Immobilie auch selbst nutzen wollen, also zum Beispiel ein Haus mit mehreren Wohnungen nur teilweise vermieten. „Es nimmt ihrer Renditeberechnung einiges an Druck, wenn sie Teil davon sind“, sagt Barent. Eigentümerinnen und Eigentümer könnten schließlich in der eigenen Wohnung Miete sparen und würden sich viel besser mit dem Zustand der Immobilie auskennen, als wenn sie viele Kilometer entfernt lebten.
Wer sich ein Einfamilienhaus für den Eigenbedarf baut oder kauft, der ist noch einmal in einer anderen Lage. „Wer selber nutzen will, ist von einer Blase auf dem Immobilienmarkt nicht so betroffen“, erklärt Heike Nicodemus. Die Marktentwicklung betreffe vor allem Menschen, die eine Immobilie nach einigen Jahren wieder verkaufen wollten.
Beim Eigenheim handele es sich um eine indirekte Geldanlage. „Wenn ich sehe, ich müsste eine ähnlich hohe Summe als Miete zahlen, kann sich das lohnen.“ Vor allem mit Blick auf die eigene Rente. Ziel müsse es sein, spätestens zu Rentenbeginn schuldenfrei zu sein und nur noch die Betriebskosten zu zahlen. (dpa)