Herren-Sulzbach: Johanniterkirche schmücken biblische Szenen

Die evangelische Johanniterkirche in Herren-Sulzbach ist schon geschmückt für den Weihnachtsgottesdienst an Heiligabend. Foto: Sayer




VON KLAUDIA GILCHER


62 Adelige wurden in ihrer Gruft beigesetzt, sie war Kirche des Johanniterordens in dessen Blütezeit und ist eine Fundgrube für Freunde des bäuerlichen Barocks. Ein Besuch der evangelischen Kirche von Herren-Sulzbach zwischen Glan und Nahe ist ein  Erlebnis. Heiligabend wird Weihnachtsgottesdienst gefeiert.


Wer die Sulzbacher Kirche betritt, dem öffnet sich ein kleiner Raum mit wenigen Spitzbogenfenstern, einer Tonnendecke aus Holz, einem halbrunden Altar mitten im Gebäude und einer  Empore und der Orgel. Den Altar umgeben seltene Bodenintarsien, die Brüstung der Empore schmücken bunte Bilder mit biblischen Szenen. Wenn auch die Empore geöffnet wird, fasst die Kirche 300 Personen, schätzt Pfarrerin Denise Roth. Voll ist sie freilich nur noch selten, zu Konfirmationen etwa. Zu Heiligabend könnte es auch passieren: Um 17 Uhr beginnt die Christvesper in der Johanniterkirche.

„Es ist natürlich kein Speyerer Dom“, sagt Pfarrerin Roth, die gleich nebenan im Pfarrhaus wohnt und in ihrem Sprengel aus zwölf Ortschaften in fünf kleinen Dorfkirchen predigt. Aber wenn sie die Kirche betrete und sich der Raum öffne, dann sei das  immer wieder ein anrührender Moment. „Und über einer  Krypta, in der Grafen zu Grabe gelegt wurden, hält man ja auch nicht alle Tage Gottesdienst“, fügt sie hinzu. Keine Frage: Der Ort atmet Geschichte.

Jene Blaublütigen waren Angehörige der rheingräflichen Herrschaft aus dem nahen Grumbach. Regionalgeschichtlicher Forschung zufolge fanden ab dem frühen 17. Jahrhundert 62 Mitglieder dieses Hauses ihre letzte Ruhe in einer Gruft unter dem Altar der Sulzbacher Johanniterkirche,  von  Wildgraf Johann im Jahr 1630 bis zu Gräfin Albertine  1794. Die Kirche blickte zu diesem Zeitpunkt allerdings schon auf eine jahrhundertealte Geschichte zurück.

Erstmals erwähnt wird die Kirche 1290. Wie lange sie da schon stand, ist ungewiss, weil sich ältere Schriftstücke bisher nicht gefunden haben. Vermutungen reichen aber bis ins späte elfte Jahrhundert zurück: Der 18 Meter hohe Turm im romanischen Stil mit den bis zu einem Meter dicken Mauern gibt Anlass zu diesen Schätzungen.


Der trutzige Turm ist das älteste Bauteil der Johanniterkirche in Herren-Sulzbach


1290 jedenfalls kam die Kirche in den Besitz des Johanniterordens, der sich  zu diesem Zeitpunkt  zu einem mächtigen Ritterorden entwickelt hatte und Besitz und Einfluss auch im  Nordpfälzer Bergland hatte. Entstanden war die Bruderschaft  nach der Eroberung Jerusalems im  Ersten Kreuzzug als Orden vom Hospital des Heiligen Johannes zu Jerusalem. In Sulzbach unterhielten die Brüder nicht nur die Kirche, sondern etwas später auch einen Konvent. Daher rührt heute noch der Zusatz Herren im Ortsnamen. Mit dem schwindenden Einfluss der Johanniter wurde das Dorf im Lauf der Jahrhunderte wieder zu Sulzbach – erst mit der Gebietsreform 19 kam die erneute offizielle Umbenennung. Auch die Kirche gab der Orden auf: 1556 verpachteten die Brüder das Gotteshaus an die Grumbacher Wild-und Rheingrafen.

Politischen Wirren verdankt die Gemeinde  auch ihre Zugehörigkeit zur Rheinischen Kirche – obwohl sie im pfälzischen Kreis Kusel steht. Dieser war zwischen der Napoleonischen Zeit und dem Ende des Ersten Weltkriegs Teil Bayerns. Die Grenze zum benachbarten Preußen, das im Hunsrück herrschte, bildete das Flüsschen Glan, und Herren-Sulzbach lag aus Sicht der Pfälzer betrachtet auf der falschen Seite. Allein: Es gab Gebietsreformen, und nun steht die evangelische Johanniterkirche  eben auf pfälzischem Boden in  rheinischer Regie.

Der trutzige Turm ist ihr ältestes Bauteil, das einschiffige Langhaus ohne Chor sowie der hölzerne Portalvorbau entstand 1714/15, die Holzdecke folgte erst 1908. Bereits im 16. Jahrhundert hatte es einen Umbau des alten romanischen Schiffs gegeben.  Die imposante  Kanzel aus Sandstein wurde beim zweiten Umbau der Kirche dann vermutlich  nicht komplett erneuert, ihr Fuß stammt wohl noch aus dem Vorgängerbau. Die auf der Empore stehende Orgel entstand in der Werkstatt der  Firma Stumm in  Rhaunen im Hunsrück. Eingebaut wurde sie  um 1820 und restauriert vor 50 Jahren. Allerdings gab es auch früher schon eine Orgel in der Kirche: Belegt ist sie regionalgeschichtlichen Publikationen nach für 1741.

Das, was Pfarrerin Roth als bestechend bezeichnet, ist aber weder die Kanzel, noch der Altar oder die Orgel: Gemeint ist der bunte Bilderreigen, der sich an der Brüstung der Empore durch den Bau zieht: eine Galerie von Tafelbildern mit biblischen Motiven, die den Menschen auf einfache Weise die christliche Botschaft näher brachten. Bunt, mit schlichten Motiven und goldenem Rand wird der Stil gern als bäuerlicher Barock bezeichnet. Vor etwa 275 Jahren war diese Zierde in der Region beliebt: In rund 20 Kirchen im Land zwischen Glan, nahe und Hunsrück finden sie sich noch.