Wohnporträt: Kernsanierung ohne auszuziehen

Das Haus sieht nicht nur wie ein Neubau aus. Es  zeichnet sich auch durch die Nutzung von erneuerbaren Energien für Heizung und Warmwassergewinnung und einen zeitgemäßen Grundriss  aus. Foto: Gilcher



VON KLAUDIA GILCHER


Weiß und hellgrau die Fassade, anthrazitgrau  die Fenster und das Dach, im Garten eine Wärmepumpe: Jeder Passant hält das Haus von Stephan und Susanne Erb in Zweibrücken für einen Neubau. Doch das Haus stammt aus den 1970ern. Das Ehepaar hat es komplett saniert und aufgestockt – und blieb während der Arbeiten darin wohnen.


Zwei Stockwerke am Hang, gebaut 1976 von der Oma, dann Refugium von Stephan Erb. „Als unsere beiden Söhne kamen, wurde es doch etwas klein“, erzählen die Bauherren. Auf der grünen Wiese neu bauen wollten sie aber nicht.  „Es gefällt uns  ja hier, wir haben ein schönes Grundstück, eine gute Nachbarschaft, die Kinder fühlen sich wohl. Und dann: Was macht man mit seinem alten Haus, wenn man neu baut? Also dachten wir: Wir stocken auf.“

Ganz so einfach war das aber nicht. „Der erste Unternehmer, den wir fragten, meinte, dass in unserer Straße  alles zu eng sei.  Wir sollten doch lieber hinten raus anbauen, das sei einfacher.“ Die Terrasse wollten die Erbs aber  auf keinen Fall opfern. Zufällig stieß Stephan Erb dann auf einen früheren Schulkameraden, der sich aufs energetisch  innovative Bauen und Sanieren spezialisiert hat und mit seiner Firma in Zweibrücken ansässig ist. Damit nahm die Idee vom Neubau im Altbau Fahrt auf. „In diesen Gesprächen kam zum ersten Mal das Thema Zuschüsse und  erneuerbare Energien auf den Tisch“, erinnert sich Erb.


Auswahl der Baufirma wichtig


Heute sind  nicht nur die Gebäudehülle von der Bodenplatte bis zum Dach fachgerecht gedämmt und dreifach verglaste Fenster eingebaut. Die Versorgungsleitungen sind neu, die Gastherme wurde durch eine leise, horizontal gelagerte Luftwärmepumpe  ersetzt, die Heizkörper im Haus wichen einer Fußbodenheizung, die auch kühlen kann.  Eine Lüftungsanlage gewinnt Restwärme aus der Raumluft zurück. Strom steuert die Sonne bei, es gibt auch einen Stromspeicher. „Die Photovoltaikanlage bringt etwas mehr als kalkuliert, und der restliche Energieverbrauch  passt im Großen und Ganzen auch zu den Berechnungen“, berichten die Bauherren.

Die sorgfältige Auswahl der begleitenden Baufirma sei sehr wichtig, betont Susanne Erb. Nicht nur, was  das fachgerechte energetische  Sanieren angeht. „Wir haben ja während der Bauarbeiten in unserem Haus  gewohnt, fast zwei Jahre lang. Oben wurde gebaut, einen Flur drunter lebten wir.  Dann sind wir unters Dach gezogen und es ging unten weiter. Das geht nur, wenn es gut geplant ist, alle Gewerke Hand in Hand  arbeiten. Und die Handwerker müssen auch sensibel mit der Situation umgehen. Es war gut, dass alles in einer Hand war. Anstrengend war es schon, nicht nur wegen Corona.“

Überraschungen blieben nicht aus: Die Treppen etwa wurden letztlich doch erneuert, und anders als  gehofft mussten doch Stahlträger fürs neue Dachgeschoss eingezogen werden.  Auch eine Brandschutzwand zum  angebauten Nachbarhaus war nötig.


„Genau, wie wir es wollten“


Das Dachgeschoss erwies sich überhaupt als Hürde. Die Stadt habe die Aufstockung nicht genehmigen wollen. Das Argument: Sie passe nicht ins Straßenbild. „Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Es sollte doch Ziel sein, Leerstände in den Städten zu vermeiden und nicht alle in Neubaugebiete zu treiben“, findet Erb. Das Paar jedenfalls  gab nicht klein bei, und nach fast zwei Jahren  Hin und Her  ging es dann doch. Die Bauarbeiten begannen 2019, Weihnachten 2020 war der Bau fertig.

Zur Straße hin hebt sich das Haus  trotz der Aufstockung kaum von den Nachbargebäuden ab, unter anderem, weil eine Dachterrasse eingeschnitten  wurde. Auf der Rückseite sorgt eine breite Gaube für Wohnfläche im oberen Geschoss. Mit einer Einliegerwohnung  auf Straßenniveau kommt das Gebäude auf rund 300 Quadratmeter Wohnfläche, so aufgeteilt und vorbereitet,  dass mit wenigen Eingriffen drei abgeschlossene Wohnungen geschaffen werden können.

„Es ist genau geworden, wie wir es wollten“, sagen die Bauherren heute. Eigentlich sei der Umbau tatsächlich wie ein Neubau gewesen. „Nur, dass wir eben das Grundstück und den Rohbau schon hatten. Mehr war vom alten Haus ja nicht übrig.“  

Die Terrasse übrigens wurde schließlich doch verändert. „Wir haben sie aber nicht zugebaut, sondern vergrößert“, erzählt Stephan Erb lachend. „Und wir würden alles wieder so machen. Denn hier ist der Platz, an dem wir wohnen wollen.“
 

Info

Wer heute Projekte wie das der Erbs stemmt, kann von erhöhten Zuschüssen des Bundes  profitieren. Vera Schumann, Klimaschutzmanagerin im Landkreis Kusel, weist darauf hin, dass es seit Anfang Juli bis zu 50 Prozent Förderung für die energetische  Sanierung von  Altbauten gibt, etwa für neue Heizung,  neue Fenster, Dämmung und Sonnenschutz. Wer mehrere Maßnahmen plant, kann einen Sanierungsfahrplan bekommen. Ansprechpartner sind alle Energieberater.