Mennoniten in Deutschhof: Die Anfänge waren unauffällig

Über die Jahre zum Gemeindezentrum ausgebaut: die Mennonitenkirche in Deutschhof bei Kapellen-Drusweiler. Kreuze und die Infotafel am Giebel verraten, dass das Haus eine Kirche ist.  Fotos: Henning Wiechers

Über die Jahre zum Gemeindezentrum ausgebaut: die Mennonitenkirche in Deutschhof bei Kapellen-Drusweiler.
Kreuze und die Infotafel am Giebel verraten, dass das Haus eine Kirche ist.  Foto: Henning Wiechers

 

VON HENNING WIECHERS

Es könnte auch als normaler Wohnbau durchgehen, das schlichte Haus Nummer 20 im Ortsteil Deutschhof der Südpfälzer Gemeinde Kapellen-Drusweiler. Aber ein Kreuz am Giebel und ein kleineres auf dem First sowie stattliche Anbauten deuten an, dass es eine besondere Funktion hat: Es ist Kirche und Gemeindezentrum der Mennonitengemeinde Deutschhof.

Eine Tafel, ebenfalls am Giebel angebracht, umreißt unter der Inschrift „Täuferspuren“ in knappen Sätzen die Geschichte des kleinen Weilers Deutschhof und der Mennonitengemeinde, die sich hier ab 1795 bildete. Mennoniten, so erfährt man, entstammen der Täuferbewegung, und sie haben eine wichtige Rolle bei der Wiederbelebung der durch die Kriege im 17. Jahrhundert verwüsteten und entvölkerten Pfalz gespielt.

Die Täuferbewegung war im Zuge der Reformation  entstanden. Die Bezeichnung Mennoniten geht auf Menno Simons zurück, der – ehedem katholischer Priester – Anhänger der Bewegung wurde. 

Fast überall wurden sie verfolgt

Die Konsequenzen, die die Mennoniten aus den reformatorischen Ansätzen zogen, unter anderem die Hinwendung zur Erwachsenentaufe und die Distanzierung von kirchlichen und weltlichen Herrschaftssystemen,  trug ihnen die Feindschaft sowohl von katholischer wie von evangelischer Seite ein. Fast überall wurden sie verfolgt. Um ihren Glaubensüberzeugungen gemäß leben zu können, nahmen sie Wohnortwechsel in Kauf, und so kamen sie schließlich – vorwiegend aus der Schweiz und übers Oberelsass – in die Pfalz und Kurpfalz.

Zwar waren die Mennoniten als Pioniere bei der Wiederbesiedlung und -urbarmachung willkommen, volle Bürgerrechte inklusive Religionsausübung aber blieben zunächst „Nachzügler“. Grundbesitz zu erwerben war ihnen meist nicht möglich, sie wurden als Pächter eingesetzt, und gottesdienstliche Versammlungen wurden allenfalls in privaten Räumen geduldet. Das war auch im Gebiet der Höfe im Hügelland zwischen Bergzabern und Wissembourg der Fall. Mennonitische Pächter sind ab der Mitte des 18. Jahrhunderts etwa für den Haftelhof und ein paar Jahre später für den Kaplaneihof belegt. 

Französische Revolution veränderte die Lage

Der Deutschhof, Eigentum des Deutschen Ordens,  sei zu der Zeit noch mit katholischen Pächtern besetzt gewesen, so berichtet der in Kaplaneihof lebende Otto Schowalter in seiner kleinen Chronik zu den „Täuferspuren“, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde. Aber die Französische Revolution änderte das. Der Deutschhof wurde zugunsten der Französischen Republik Ende 1794 versteigert und von Mennoniten erworben: Heinrich Schmitt vom Haftelhof und Ulrich Schowalter vom Geisberg nahe Wissembourg wurden die neuen Eigentümer.

Bau durfte nicht wie eine Kirche aussehen

Bis ins 20. Jahrhundert wuchs der Weiler langsam, aber stetig. 1950 gab  in Deutschhof laut Otto Schowalter acht Höfe, alle Familien waren mennonitisch.  Heute gehört immer noch die Hälfte der Deutschhöfer der Freikirche an. 1841 begann der Bau des Gotteshauses, Einweihung war am 19. September 1842. Schlicht als „Saalbau“ verzeichnet ihn die Liste der Kulturdenkmäler. „Es durfte nicht wie eine Kirche aussehen und keinen Glockenturm haben“, sagt Günter Schowalter, der neben der Kirche wohnt und bis vor wenigen Jahren Gemeindeleiter war.

Rund ein Jahrhundert, bis zum Zweiten Weltkrieg, diente dieser Bau der Gemeinde, 1945 zerstörte ein Artillerietreffer das Dach. Erst 1948 konnte der Wiederaufbau auf den verbliebenen Mauern beginnen, im Oktober 1949 Neueinweihung gefeiert werden. Da hatte sich der ursprüngliche Grundriss schon ein wenig, um einen Altarraum, erweitert.

Anwesen ist Zentrum einer lebendigen Gemeinschaft

1965 gab’s dann einen Gemeindesaal und Toilettenraum dazu, 1977 einen Küchenbau, 1984 wurde gründlich renoviert, 2003 eine Ölzentralheizung installiert. 2015 schließlich konnten Jugend- und Kinderstundenräume angebaut werden. Das Anwesen ist heute Zentrum einer lebendigen Gemeinschaft. „Wir fühlen uns eingebunden in eine örtliche und weltweite Gemeinschaft von Christen“, heißt es im Gemeindesteckbrief.

Info

„Täuferspuren“ ist eine Aktion des Mennonitischen Geschichtsvereins, mit Sitz in Bolanden-Weierhof, die auf das mennonitische Wirken in der Geschichte Südwestdeutschlands hinweisen will. Infos dazu gibt es unter www.täuferspuren.de.