Mietrückstände: Was säumigen Zahlern droht

Fristlose Kündigung

Bei einer fristlosen Kündigung kann die Kündigungsfrist nur zwei Wochen betragen. Foto: dpa

 

VON BERRIT GRÄBER

Auch wenn das Konto alles andere als prall gefüllt ist, sollten sich Mieter auf keinen Fall beim Vermieter verschulden. Betroffene können Wohnung selbst dann verlieren, wenn Mietrückstände gezahlt werden. Was säumigen Zahlern droht.

„Was Mieter mit finanzieller Durststrecke unbedingt vermeiden sollten, ist, mit der Miete in Verzug zu geraten oder nicht mehr pünktlich zu zahlen“, mahnt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. Mietschulden könnten zur existenziellen Bedrohung werden. Vermieter dürften schon bei Rückständen von einer Monatsmiete und 1 Cent kündigen. Die Räumungsklage folge oft auf dem Fuß. Selbst, wer flugs nachzahle, kriege den Rauswurf nicht immer vom Tisch.

Flucht nach vorn antreten

Hat jemand einen unbefristeten Mietvertrag und zahlt pünktlich die Miete, kann ihn kein Vermieter so leicht auf die Straße setzen. Aber: Sobald ein Mieter seiner Zahlungsverpflichtung nicht mehr nachkommt, ständig verspätet, nur Teilsummen oder gar nichts überweist, droht der Verlust der Wohnung. Mietrückstände sind einer der häufigsten Kündigungsgründe in Deutschland. „Wer merkt, dass er vorübergehend oder gar dauerhaft nicht flüssig ist, sollte alles daran setzen, sich so früh wie möglich mit seinem Vermieter in Verbindung zu setzen“, rät Ropertz. „Mit dem Vermieter reden und versuchen, eventuell ein neues Zahlungsziel zu vereinbaren“, empfiehlt auch Julia Wagner, Rechtsexpertin des Eigentümerverbands Haus & Grund Deutschland in Berlin. Auch Vermieter müssten kalkulieren können.

Hier darf gekündigt werden

Angenommen, Herr und Frau Müller sind im Januar die Mietzahlung schuldig geblieben und können auch im Februar nicht zahlen. Der Vermieter hat jetzt das Recht, fristlos zu kündigen. Das gilt auch, wenn die Mietkaution in Höhe der zweifachen Monatsmiete oder höher nicht beglichen wird. Zahlen die Müllers monatelang nur Teilsummen und geraten damit in Höhe von zwei Monatsmieten in Rückstand, darf der Vermieter ebenfalls fristlos kündigen.


Auch das Hinauszögern des Zahlungstermins, meist der dritte Werktag im Monat, muss ein Vermieter nicht hinnehmen. Angenommen, die Müllers überweisen die Miete regelmäßig zu spät. Dann kann der Vermieter sie abmahnen und – sollten sie ihr Verhalten nicht ändern – fristlos kündigen, wie der Bundesgerichtshof (BGH) letztinstanzlich bestätigte (Az.: VIII ZR 364/04). Das gilt selbst dann, wenn der Wohnungsbesitzer anfangs gutmütig war und die verspäteten Zahlungen lange duldete, entschied das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg (Az.: 9 C 79/15). Aber: Der Vermieter darf einem arbeitslosen Mieter nicht kündigen, wenn das Jobcenter für den Mietrückstand verantwortlich ist, befand das Amtsgericht Hamburg-Altona (Az.: 317a C 377/12).

Wenn die Kündigung kommt

Wer eine fristlose Kündigung im Briefkasten hat, steckt in Schwierigkeiten. Die Kündigungsfrist betrage dann schlimmstenfalls nur 14 Tage, betont Mietrechtsexperte Ropertz. Säumige Mieter sollten spätestens dann alle Hebel in Bewegung setzen, um die Mietschulden rasch zu begleichen. Unter Umständen springen Sozialamt oder Arbeitsamt ein und begleichen das Minus. Leihen Freunde oder Verwandte das Geld, müssen sie bei der Überweisung klar machen, dass sie für den Mieter zahlen, entschied das Landgericht Itzehoe (Az.: 9 S 34/14). Wer es schafft, seine Mietschulden spätestens zwei Monate ab Zustellung der Räumungsklage komplett zu tilgen, kann den Verlust der Wohnung noch abwenden. Kündigung und Räumungsklage sind dann hinfällig. Mithilfe einer solchen Nachzahlung kann sich der Mieter aber nur einmal in zwei Jahren retten.

Doppelte Kündigung

Höllisch aufpassen sollten säumige Mieter, die mit der fristlosen noch eine fristgerechte Kündigung von ihrem Vermieter bekommen. Eine solche Doppelkündigung enthält meist typische Formulierungen wie „Außerdem kündige ich den Mietvertrag wegen der Verletzung wesentlicher Pflichten hilfsweise auch noch fristgerecht zum ...“ Das Tückische am zweifachen Rauswurf: Der Betroffene kann seine Wohnung selbst dann noch verlieren, wenn er den Mietrückstand rechtzeitig ausgleicht. Denn: Die Nachzahlung schafft lediglich die außerordentliche, fristlose Kündigung aus der Welt. Die ordentliche, fristgerechte Kündigung hingegen bleibt bestehen. „Mietern lässt sich dann nur schwer vermitteln, dass sie trotz getilgter Mietschulden doch noch raus müssen, nur eben später“, erläutert Ropertz. Dem Gekündigten bleiben – je nach Mietdauer und Kündigungsfrist – bis zu neun Monaten Zeit, um sich eine neue Wohnung zu suchen. Eine Zweifachkündigung ist rechtens, entschied der BGH (Az.: VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17).

Was zu tun ist

Wer eine fristlose oder doppelte Kündigung erhalten hat, sollte sich Rat bei einem Fachanwalt oder Mieterverein holen. Unabhängig davon, ob die Kündigung tatsächlich wirksam ist oder nicht, darf der Vermieter nicht einfach die Schlösser austauschen oder sich eigenmächtig Zutritt zur Wohnung verschaffen. Will er den Mieter loswerden, muss er mithilfe einer Räumungsklage am Amtsgericht einen Räumungstitel erwirken. Solange das Mietverhältnis noch besteht, könne der säumige Zahler aber auch nicht einfach vom Vermieter verlangen, die geleistete Kaution „abzuwohnen“, also mit den aufgelaufenen Mietschulden zu verrechnen, unterstreicht Wagner. Erst nach dem Ende des Mietverhältnisses darf der Eigentümer die Kaution einbehalten, um sein Minus auszugleichen.