Nachfolge: Bei Wohnimmobilien rechtzeitig regeln

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Eine Immobilie zu vererben ist nicht immer die beste Lösung und kann zur Steuerfalle werden. Doch es gibt  Alternativen. Foto: Stockfotos-MG/stock.adobe.com

 

VON STEPHANIE BRÄUNLING

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Tod und Sterblichkeit ist für viele unangenehm. Gleiches gilt für lästigen Papierkram wie Testament oder Nachfolgeregelungen. Geht es jedoch um größere Immobilien- und Vermögenswerte, bleibt den Erben durch rechtzeitige Gestaltung möglicherweise viel Geld und Ärger erspart.

Die Vererbung von Vermögen führt in Abhängigkeit von der Höhe des Vermögens und dem Verwandtschaftsgrad des Erben mitunter zu beträchtlichen Erbschaftsteuerzahlungen. Werden Immobilien, jedoch keine finanziellen Mittel vererbt, kann zusätzlich die Finanzierung der anfallenden Steuern eine Herausforderung sein. Gehen Immobilien an eine Erbengemeinschaft über, birgt dies viel Potenzial für Streitigkeiten, denn jede Aktion muss mit allen abgestimmt werden. Das sind nur einige der Fälle, deren Folgen sich durch rechtzeitige Gestaltung zumindest abmildern lassen.

Justizrat Rechtsanwalt Karlheinz Glogger, Vorsitzender von Haus & Grund Ludwigshafen, empfiehlt deshalb, beim Besitz von Immobilien ab einem gewissen Wert auf alle Fälle ein Testament zu machen. „Und dafür sollte man zum Anwalt, Notar oder Steuerberater gehen, denn das Erbrecht ist ein Sammelsurium von Regeln, Ausnahmen und Auslegungsregeln und deshalb für den Laien undurchschaubar“, begründet er dies. Außerdem müssten konkrete Regelungen für die persönliche Situation gefunden werden. Pauschal ließen sich deshalb an dieser Stelle nur einige Anregungen aufzeigen, um für dieses Thema zu sensibilisieren.

Testament regelmäßig auf Aktualität prüfen

„Ein gemeinschaftliches Testament können nur Ehegatten errichten, andere sind auf einen notariellen Erbvertrag angewiesen“, so Glogger.  Die häufigste Form eines gemeinschaftlichen Testaments sei das Berliner Testament: „Ehegatten setzen sich darin gegenseitig als Alleinerbe, Kinder als Schlusserben ein“, erläutert er. Dadurch solle der überlebende Ehegatte finanziell abgesichert, aber auch sichergestellt werden, dass das gemeinsame Vermögen nach dessen Ableben auf die gemeinsamen Kinder übergeht. Allerdings seien einige Folgen zu bedenken und zu regeln. Beispielsweise dann, wenn eines der Kinder seinen Pflichtteil einfordere, der überlebende Ehegatte wieder heirate oder der einzige Schlusserbe vor dem überlebenden Ehegatten versterbe.

Einen erbschaftsteuerlichen Nachteil des Berliner Testaments sieht Steuerberater Georg Detzel, Bezirksgruppenvorsitzender beim Steuerberaterverband Rheinland-Pfalz, für den Fall, dass sich im Nachlass Vermögenswerte befinden, deren Wert deutlich über den Steuerfreibeträgen für eigene Kinder liegt. Denn jedes Kind könne von jedem Elternteil 400.000 Euro steuerfrei erben. „Erbt zunächst der überlebende Ehegatte alles und die Kinder nur von ihm, bleibt der Freibetrag vom zuerst verstorbenen Elternteil ungenutzt“, erläutert der Steuerberater. Abhilfe könne möglicherweise ein Vermächtnis bei Tod des Erstversterbenden zugunsten der Kinder in Höhe des Steuerfreibetrages schaffen. Regelmäßig sollte das Testament auf Aktualität überprüft, Änderungen beim Vermögen oder den Lebenssituationen bedacht werden. „Während in jungen Jahren der Versorgungsaspekt des verbleibenden Ehegatten überwiegt, können später andere Aspekte in den Vordergrund treten“, so Detzel.

Bei hohem Vermögen sieht Detzel in der Schenkung zu Lebzeiten einige Vorteile. Es gelte zwar für Schenkungen und Erbschaften das gleiche Gesetz, und der Freibetrag sei der gleiche. „Er kann aber bei Schenkungen alle zehn Jahre erneut in Anspruch genommen werden.“ Wer also langfristig plane, könne dadurch insgesamt erheblich mehr Vermögen steuerfrei übertragen, als wenn er dies dem Erbfall überlässt. Weil darüber hinaus der angewandte Steuersatz auch von der Höhe des übertragenen Vermögens abhängt, könne durch die „scheibchenweise“ Übertragung noch zusätzlich einiges gespart werden.

Dingliches Wohnrecht oder Nießbrauchrecht

Eine Schenkung von Immobilien bereits zu Lebzeiten bereite vielen jedoch Unbehagen. „Die Eigentümer haben Angst, ihr Vermögen zu verlieren und beispielsweise auf das Wohlwollen der Beschenkten angewiesen zu sein“, so die Erfahrungen des Steuerberaters. Wenn Ehegatten Immobilien schenken, aber dennoch weiterhin darin wohnen oder sie vermieten möchten, gibt es jedoch zur Absicherung verschiedene Möglichkeiten. „Eine davon ist die Eintragung eines dinglichen Wohnrechts“, so Karlheinz Glogger. Dinglich bedeute, dass das Wohnrecht im Grundbuch verankert sei. „Dann kann mich niemand aus der Wohnung herausbringen, auch kein Erbe oder Käufer des Beschenkten“, erklärt er. Allerdings könne das Wohnrecht nur solange ausgeübt werden, wie man selbst drin wohnt. „Problematisch wird es dann, wenn man alt wird und ins Pflegeheim muss“, gibt Glogger zu bedenken. Dann sei man noch nicht einmal dazu berechtigt, zu vermieten.

Wer darauf finanziell angewiesen ist, solle besser einen Nießbrauch vereinbaren. „Dann hat er neben dem Wohnrecht auch den Anspruch auf eventuelle Mieteinnahmen“, so Glogger. „Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer hat ein Nießbrauch den weiteren Vorteil, dass sich der Wert der Immobilie durch den Wert des Nießbrauchrechts mindert“, erläutert Georg Detzel die steuerlichen Auswirkungen. „Und wer über viel Immobilienvermögen verfügt, sollte zuerst die vermieteten Immobilien verschenken und für die Versorgung mit einem Nießbrauchsrecht versehen“, empfiehlt Detzel.

„Eine Besonderheit gibt es bei der Schenkung oder Vererbung des bis zum Tod selbstbewohnten Familienheims an den Ehegatten oder ein Kind“, so Glogger. Nutzt es der Empfänger nach dem Tod des Erblassers unverzüglich selbst zu eigenen Wohnzwecken, bleibe dieser Vorgang unter ganz bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. „Es müssen dann dafür auch keine Freibeträge in Anspruch genommen werden“, ergänzt Detzel.