Niedrigere Mehrwertsteuer: So profitieren Bauherren

Auch Bauherren eines Eigenheims profitieren von den niedrigeren Mehrwertsteuersätzen – allerdings nicht in jedem Fall.  Foto: js-photo/stock.adobe.com

Auch Bauherren eines Eigenheims profitieren von den niedrigeren Mehrwertsteuersätzen – allerdings nicht in jedem Fall. Foto: js-photo/stock.adobe.com

 

Es ist eine kurze Zeitspanne, in der Bauherren viel Geld sparen können. Wird ein Bauvorhaben zwischen dem 1. Juli und 31. Dezember 2020 fertiggestellt, wird für das gesamte Bauvorhaben lediglich der ermäßigte Mehrwertsteuersatz fällig. Und das kann eine Menge ausmachen.

„Entscheidend für die Festlegung des Mehrwertsteuersatzes ist der Zeitpunkt der Abnahme des Bauvorhabens“, erläutert Florian Becker, Geschäftsführer des Bauherren-Schutzbundes in Berlin. „Der Bauherr zahlt grundsätzlich auf sein gesamtes Bauvorhaben den Mehrwertsteuersatz, der zum Zeitpunkt der Abnahme gilt.“ Und das sind im Halbjahr des Jahres 2020 eben nur 16 statt 19 Prozent.

Gut zu wissen: „Etwaige Abschläge mit 19 Prozent, die der Bauherr schon für sein Projekt bezahlt hat, müssen mit der Schlussrechnung vom Unternehmen ausgeglichen und die zu viel gezahlte Mehrwertsteuer zurückgezahlt werden“, erklärt Becker.

Gilt nicht bei bezahlten Teilleistungen

Anders ist das hingegen bei Teilrechnungen. „Lassen sich einzelne Teilabschnitte bestimmen, kann darüber gesondert abgerechnet werden“, betont Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler. „Das sind dann abgeschlossene Vorgänge, die nicht mehr geändert werden.“ Für Teilleistungen, die schon vor dem 1. Juli abgerechnet worden sind, gilt also weiter der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent.

Wird eine Teilleistung aber im zweiten Halbjahr 2020 erbracht, gilt dafür der günstigere Steuersatz, auch wenn das gesamte Bauvorhaben bis ins folgende Jahr hinein läuft.

Teilleistungen müssen vereinbart sein

„Es funktioniert aber nicht, den Kaufpreis künstlich in einzelne Teilleistungen aufzuteilen“, so Klocke. „Es müssen tatsächlich in sich abgeschlossene Leistungen vorliegen, um von der temporären Mehrwertsteuersenkung zu profitieren.“ Das Bundesfinanzministerium erlaubt die Abrechnung von Teilleistungen nur dann, wenn diese im Vertrag vereinbart wurden oder das im Juni 2020 nachgeholt wurde.

Teilabnahmen sind allerdings nicht unbedingt das Mittel der Wahl, denn sie haben erhebliche Nachteile für die Bauherren. „Das Risiko der Beschädigung geht dann schon in der Bauphase auf den Bauherren über“, warnt Florian Becker. Außerdem droht der Verlust von schützenden Regelungen im Bauvertrag wie der Fertigstellungssicherheit von fünf Prozent der gesamten Bausumme oder eine verbindliche Angabe zum Fertigstellungszeitpunkt.

Für Neuverträge gibt es keine Vorteile

Wer im zweiten Halbjahr 2020 einen neuen Bauvertrag abschließt, profitiert überhaupt nicht von der geringeren Mehrwertsteuer, wenn das Bauvorhaben bis ins nächste Jahr hinein läuft. Erfolgt die Abnahme erst 2021 oder später, zahlt der Bauherr den alten Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent für die gesamte Baumaßnahme. Keinesfalls sollten Bauherren jetzt aber auf eine Abnahme bis Ende des Jahres drängen, nur um drei Prozentpunkte Steuern zu sparen.

Verzugsschaden geltend machen

Denn die Bauabnahme ist ein wichtiger Meilenstein beim Hausbau. Sie sollte nicht voreilig, oberflächlich oder leichtfertig erfolgen. Übersehene Mängel wiegen schwer und können hohe Kosten zur Folge haben. „Bauen unter Zeitdruck geht oft zulasten der Qualität“, weiß Becker. „Wer vereinbarte Bauzeitenpläne strafft, riskiert Baumängel und Folgeschäden. Und deren Beseitigung kann deutlich mehr kosten, als mit der niedrigeren Mehrwertsteuer gespart wird.“

Ein anderes Szenario: Die Fertigstellung des Eigenheims ist für Ende 2020 vereinbart, verzögert sich aber, sodass das Bauwerk erst 2021 abgenommen werden kann. „Hat die Baufirma diesen Zeitverzug zu verantworten, muss sie den Verzugsschaden ausgleichen, in diesem Fall den drei Prozent höheren Mehrwertsteuersatz“, stellt Becker klar.

Mehraufwand muss nachgewiesen werden

Viele Käufer erwerben ihre Immobilie von einem Bauträger. Sie haben gar nichts von der Steuersenkung, denn Bauträgergeschäfte sind nicht mehrwertsteuerpflichtig. Bei dieser Vertragsform baut der Bauträger zunächst auf seinem Grundstück die Gebäude oder Wohnungen und übergibt sie im Anschluss an die Käufer. „Der zahlt dann auf Haus und Grundstück die Grunderwerbsteuer“, erklärt Florian Becker.

Obacht müssen Verbraucher aber geben, wenn der Bauträger vertraglich geregelt hat, dass er vereinbarte Raten und damit den Gesamtpreis anpassen kann, sofern er durch eine Mehrwertsteuererhöhung höhere Kosten gegenüber seinen Nachunternehmern hat. „In diesem Fall muss der Bauträger den tatsächlichen Mehraufwand auch nachweisen können, und die erste Rate, die sogenannte Grundstücksrate, muss von der Preisanpassung ausgenommen sein“, sagt Becker.
Da es stark von der Art und Gestaltung der Verträge abhängt, ob und wie Bauherren von der temporären Mehrwertsteuersenkung profitieren, gibt es keine pauschale Regelung, die für alle Bauherren gilt. Am besten ist es, mit einem Steuerberater alle Details zu besprechen. (dpa)