Der Musikantenbrunnen in der neu gestalteten Dorfmitte greift das kulturelle Erbe Jettenbachs auf. Foto: Sayer
VON KLAUDIA GILCHER
Vor 150 Jahren war Jettenbach im Nordpfälzer Bergland ein weithin bekanntes Musikantendorf. Und Musik ist immer noch ein wichtiger Bestandteil der dörflichen Identität. Kindergarten und Grundschule sowie ein reges Vereinsleben machen die 1348 erstmals erwähnte Gemeinde, deren Name sich vom mittelalterlichen Begriff für ein robustes Wiesengras ableitet, zusätzlich attraktiv.
„Jettenbach feiert gerne.“ Karl Mohr, Jettenbachs Erster Beigeordneter, greift gern auf, was im Kuseler Land über das 355 Meter über dem Meeresspiegel gelegene Dorf ohnehin gesagt wird. Beispiel Kerwe: Sechs Tage lang, von Donnerstag bis Dienstag, wird im August gefeiert, mit großer Straußjugend und auf zwei Plätzen. Die Musik spielt am Dorfplatz mit dem Musikantenbrunnen. „Wir haben ein genau passendes Zelt“, sagt Mohr und lacht. Die Fahrgeschäfte und das Weindorf besiedeln den eigentlichen Kerweplatz. Großen Anteil am Treiben hat die örtliche Vereinsgemeinschaft. „15 Vereine, das ist doch bemerkenswert für ein Dorf mit rund 800 Einwohnern“, findet Mohr.
Der mitgliederstärkste dieser Vereine ist der TuS. „Es gibt längst nicht nur Fußball, sondern alle möglichen Ballsportarten, Zumba, Gymnastik, Mutter-Kind-Turnen ...“, zählt Mohr auf. Deutlich früher als die Sportler haben sich die Musiker im Dorf organisiert. Der Gesangverein mit dem gemischten Chor besteht seit 1860, der Musikverein seit 1882. „Durchgehend aktiv“, erläutert Mohr. Beide gehören zu den ältesten Vereinen ihrer Art im Landkreis Kusel. „Besonders freut mich, dass die jüngere Generation die Tradition fortführt“, betont Mohr.
Das ist in Jettenbach vielleicht nicht ganz so verwunderlich. Der Ort gehört historisch gesehen zu den wichtigsten Wandermusikantendörfern in der Westpfalz. In der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es an die 500 Musikanten in Jettenbach, die zu Orchestern zusammengeschlossen auf Wanderschaft gingen, weltweit. Die Frauen und jüngeren Kinder blieben daheim, versorgten die Höfe. Etliche der Musiker gelangten zu Wohlstand. Den zeigte man gern: Noch heute sind in Jettenbach Häuser mit aufwendigen Fassaden und einer in Stein gehauenen Lyra, dem Standeszeichen der Musiker, zu entdecken. Die Route des 27 Kilometer langen Westpfälzer Musikantenwegs führt an manchen vorbei.
Ohne Auto geht es nicht in Jettenbach
Gehalten hat sich auch ein anderer einst wichtiger Wirtschaftszweig. Am Ortsrand baut die Basalt AG Vulkangestein ab, beschäftigt aber nicht mehr annähernd so viele Leute wie die Steinbrüche der Region zu Zeiten, in denen Pflastersteine noch von Hand zugerichtet wurden.
Jettenbach punktet denn auch trotz einiger kleinerer Betriebe heutzutage als Wohngemeinde mit Tante-Emma-Laden und Metzgerei zur Grundversorgung. Man pendelt, etwa Richtung Kaiserslautern, das dank Umgehungsstraßen mit dem Auto ebenso gut zu erreichen ist wie das eine Viertelstunde Fahrzeit entfernte Weilerbach mit seinen umfangreichen Einkaufsmöglichkeiten. Der Öffentliche Nahverkehr sei dafür aber nicht gut ausgerichtet, findet Mohr. Beispiel Bürgerbus: Zweimal in der Woche fährt er auf Anmeldung, aber nur innerhalb der Verbandsgemeinde. Seit Jettenbachs Arzt Ende 2021 in den Ruhestand ging, seien aber Patienten beispielsweise nach Reichenbach-Steegen gewechselt, so Mohr. Neun Kilometer entfernt, aber im Landkreis Kaiserslautern. „Man braucht ein Auto“, betont Mohr. Die Apotheke immerhin hat den Spieß umgedreht: Rezepte werden in einer Box gesammelt, abgeholt, in Reichenbach-Steegen bearbeitet, die Medikamente zu einer Zentrale in Jettenbach gebracht und von dort ausgeliefert.
Dass Jettenbach als Wohnort beliebt ist, führt Mohr auf die Infrastruktur zurück, etwa auf den Kindergarten mit Krippe, die Grundschule und die Vereine und Sportanlagen samt eines von der Sonne beheizten Schwimmbades. Drei Neubaugebiete hat die Gemeinde in 25 Jahren erschlossen – „und gefüllt“, wie Mohr betont. „Auf dem letzten Grundstück wird gerade die Grube ausgehoben.“ Auf weitere Flächen kann die Gemeinde nicht zurückgreifen. Deshalb nimmt derzeit ein Planungsbüro Jettenbach unter die Lupe. Gesucht werden Baulücken und sinnvoll zu bebauende Rest- oder Teilgrundstücke.
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