Wenige Straßen, kaum Baulücken: Merzweiler im nördlichen Zipfel des Kuseler Landes. Foto:Sayer
VON KLAUDIA GILCHER
Leerstände sind Fehlanzeige. Baulücken gibt es auch kaum. Aber Nachfrage. Deshalb hat der Gemeinderat von Merzweiler gerade beschlossen, ein Neubaugebiet auf den Weg zu bringen. Überhaupt gibt es in der 175-Einwohner-Gemeinde viele Ideen, um das kleine Dorf für alle Generationen gut aufzustellen. Der „Schinderhannes“, dessen Familie aus Merzweiler stammte, spielt dabei eine kleinere Rolle.
„Vielleicht müsste man die Geschichte des Schinderhannes offensiver nutzen“, sagt Ortsbürgermeisterin Klaudia Schneider. „Nicht nur sein Vater wurde ja hier geboren, auch Johannes Bückler selbst hat hier gelebt. Andererseits war er nun mal ein Verbrecher und kein Held.“ Bückler stammte aus einer Abdeckerfamilie – diese wurden damals Schinder genannt – und trieb sein Unwesen vor allem im Hunsrück, aber auch in den Dörfern im Dreieck der heutigen Landkreise Kusel, Birkenfeld und Bad Kreuznach, da, wo im Tal des Jeckenbachs auch Merzweiler liegt. Als er 1803 geköpft wurde, waren ihm mehr als 100 Straftaten nachgewiesen worden.
Für Klaudia Schneider hat die Figur dennoch künstlerischen Reiz. Sie ist Mitbegründerin der „Merzwiller Bachstelze“, die Angebote für die Kinder im eigenen und dem Nachbardorf machen und inzwischen auch eine Theatergruppe sind. Wo das Haus vom „Schinderhannes“ stand, sei bekannt. „Wir könnten ein Stationentheater spielen“, überlegt Schneider.
Das Bücklersche Haus ist längst um- und angebaut, so wie die meisten Häuser im 1341 erstmals erwähnten Ort. „Baulücken haben wir so gut wie keine, Leerstände derzeit auch nicht“, erzählt Schneider. Aber es würden immer wieder Familien nachfragen, die zurück in die Heimat oder überhaupt herziehen wollten. „Als Neubaugebiet haben wir ein Gelände ins Auge gefasst, das gut anzubinden und gut zu bebauen ist. Bei uns ist Bauen nicht so verrückt teuer.“
Merzweiler liegt ländlich, doch das Internet ist inzwischen schnell, Kita, Schulen und auch ein Freibad sind nah. Ins Mittelzentrum Lauterecken fährt es sich im Sommer fünf Minuten mit dem Auto, im Winter, wenn die Abkürzung nicht geräumt wird, „außenrum“ zehn Minuten.
Bauland wird nachgefragt, ist aber rar
Kleine Dörfer dürften auf keinen Fall abgehängt werden, findet Schneider. Deshalb haben sich zwölf Orte zwischen Nahe und Glan landkreisübergreifend zusammengeschlossen. Wenn die Pandemie wieder effektives Arbeiten zulasse, wolle man wieder loslegen, sagt Schneider. Beispielsweise um im Zuge das sanften Tourismus einen Lückenschluss zwischen den Wanderwegen Pfälzer Höhenweg und Hunsrücksteig zu entwickeln.
Kooperation wird auch bei den Vereinen großgeschrieben. Die Feuerwehr unterhält Ausrückegemeinschaften, die Sportler und die Sänger wirken ortsübergreifend zusammen, und auch bei den „Bachstelzen“ stehen nicht nur Merzweilerer auf der Bühne. Nur die rüstige Rentnertruppe, die im Ort ohne viel Aufhebens angreift, wo es not tut, schafft das noch ganz allein. „Wenn eine gestiftete Bank aufgestellt werden muss, Bienenhotels oder Insektenstauden gepflegt werden oder Gräben gesäubert werden müssen, sind sie sofort da“, sagt Schneider. Wie überhaupt bei Arbeitseinsätzen im Dorf gut angepackt werde.
Es passt ins Bild, dass in Merzweiler dem allgemeinen Kneipensterben zum Trotz vor einigen Jahren die Wirtschaft neu eröffnet wurde, dass es einen Baumaschinenbetrieb und eine „Gartenscheune“ gibt. „Wir hoffen alle, dass die Kneipe nach der langen Corona-Schließung wieder öffnet“, sagt Schneider.
Sie selbst hat als Daseinsvorsorge auch noch eine Idee im Hinterkopf: „Ich denke an Wohn-Pflege-Gemeinschaften, vielleicht mit einem potenten Sponsor als Modell“, sagt sie. Man müsse früh mit Konzepten anfangen. „Aber das ist bisher nur eine Idee. Eins nach dem andern. Jetzt stehen unsere sehr schlechten Straßen an und die Friedhofsgestaltung. Und unser Neubaugebiet.“
Die Serie
Im Pfalz-Plan stellen wir regelmäßig in loser Reihenfolge Städte und Gemeinden in der Pfalz vor.
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