Unterjeckenbach: Kein Weg nach Westen

Früher droschen hier die Bauern gemeinsam ihr Getreide. Heute ist die Maschinenhalle Schauplatz der „Panzerkerb“ und Lagerhaus. Foto: Sayer




VON KLAUDIA GILCHER

Wer rein will nach Unterjeckenbach,  kommt aus Richtung  Osten, wer raus will, fährt wieder zurück: Der direkte Weg nach Westen ist den Unterjeckenbachern durch den Truppenübungsplatz Baumholder abgeschnitten. Mit 74 Einwohnern ist der Ort einer der allerkleinsten im Kreis Kusel. Abgeschnitten sei man trotzdem nicht, sagt Bürgermeister Timo Theis.

Dass die Leute nicht wissen, wo Unterjeckenbach liegt, hat Timo Theis von klein auf erlebt. „Aber wenn ich dann sagte: Da, wo die Panzerkerb gefeiert wird, dann wussten es alle.“ Bis locker zur Jahrtausendwende  überstieg an diesem Fest   Mitte Juni  die Zahl der Gäste die der Einwohner um ein Vielfaches.  „Wie überall“, sagt Theis, habe der Betrieb nachgelassen. Aber gefeiert wird immer noch im Maschinenhaus, das früher einmal das Dreschhaus für alle Bauern des Dorfs war. Der Förderverein der Feuerwehr kümmert sich um die Tradition. „Hoffentlich können wir bald mal wieder feiern“, sagt Theis.

Wobei: „In Übereinstimmung mit den  Pandemieregeln“, sagt Theis, sei Kontakt im Dorf gut möglich. „Über den Gartenzaun, über den Bach,  über die Straße kann man Schwätzchen halten.“ Fast jeder Unterjeckenbacher wohnt im Einfamilienhaus. 35 Wohnungen gibt es laut den Landesstatistikern in den 32 Gebäuden im Tal des Jeckenbachs und an seinen Hängen. Verbunden werden sie durch zwei Straßen, die sich im Tal kreuzen. Sie sind abschnittsweise benannt, auf der Landkarte sieht es deshalb so aus, als wären es vier.

„Unterjeckenbach war schon immer das kleinere der beiden Jeckenbachs“, erzählt Theis. Oberjeckenbach fiel dem Bau des Truppenübungsplatzes Baumholder im Jahr 1938 zum Opfer, nicht als einzige Gemeinde. Die Bewohner wurden umgesiedelt. „Jedes Jahr zu Pfingsten richten wir das Ehemaligentreffen mit einer Rundfahrt zu den alten Siedlungsplätzen aus“, erzählt der Bürgermeister. „Es gibt zwar kaum noch Menschen, die in den untergegangenen Dörfern gelebt haben, aber das Interesse der Nachfahren ist ungebrochen.“

Weil die Hauptstraße am militärischen Sperrgebiet gleich westlich vom Dorf  endet, ist Unterjeckenbach  eine Sackgasse – anders als in historischer Zeit, in der der   1319 ersterwähnte Ort an einer wichtigen Straße Richtung Rhein lag (was ihm viele Brandschatzungen einbrachte und auch der Pest Tür und Tor öffnete).

Bauland ist in Unterjeckenbach nicht zu haben

Heute ist Durchgangsverkehr ein Fremdwort. Theis: „Ein Spielplatz ist bei uns überflüssig. Die Kinder spielen auf der Straße, und die Häuser haben  fast alle Gärten.“ Abgehängt fühlt er sich trotz der Randlage des Ortes nicht: „Der Bäcker kommt gefahren, und bis zur B 270 sind es nur zwei Minuten mit dem Auto, da liegt kein weiteres Dorf dazwischen.  Dort beginnt  dann auch schon der Radweg zum Schwimmbad und nach Lauterecken.  Idar-Oberstein ist  nicht weit, nach Kaiserslautern sind es 45 Minuten. So wie auch auf die Autobahn, egal, ob zur A 6, A 62 oder A 61. Und wir haben ja auch das Ruftaxi.“ Die Zeiten, in denen eine Dreiviertelstunde lang Panzer an Panzer durchs Dorf gefahren seien, seien auch vorbei, erzählt der 39-Jährige. „Die Artillerie hört man immer mal noch, Flugzeuge auch ab und zu. Aber der strategische Wandel beim Militär macht sich hier bemerkbar. Es ist viel ruhiger als in meiner  Jugend.“

Das Dorf liegt auf 320 Meter Höhe mit steilen Hügeln zu beiden Seiten, die es auf bis zu 130 Meter mehr bringen. Im Tal entlang der Straße kann es wegen des Sperrgebiets nicht mehr wachsen. Auch Baulücken oder alte Scheunen, die sich zum Umbau durch neue Besitzer eignen würden, sieht Theis eher nicht. „Das wäre jeweils sehr schwierig“, findet er. So wundert es kaum, dass es auch keine Leerstände gibt. „Wenn etwas verkauft wird, ist es immer schnell weg“, wohl auch, weil die Preise günstig seien.

Die jungen Einheimischen sind aber meistens weggezogen.  41 Unterjeckenbacher  waren Stand 2019 über 50 Jahre alt. Theis hofft, dass sich das dreht. Viele Jüngere  wollten ihre Wurzeln nicht kappen, sagt er und hofft auf die Datenautobahn. Die erreicht das Dorf gerade, die Bagger sind da.

Die Serie

Im Pfalz-Plan stellen wir regelmäßig in loser Reihenfolge Städte und Gemeinden in der Pfalz vor. 


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