Eine der wenigen runden Kirchen in der Pfalz

Dem Rundbau protestantischen Kirche in Kerzenheim sind auf allen Seiten flache Risaliten in den vier Hauptachsen zugeordnet. Im Turm läuten heute vier Gussstahlglocken. Foto: Schifferstein

VON JOERG SCHIFFERSTEIN

Die protestantische Kirche in Kerzenheim in der Verbandsgemeinde Eisenberg am Rande der Nordpfalz ist etwas Besonderes: Sie ist ein rundes Bauwerk, was der Betrachter von außen nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennt, was das Kirchenschiff aber nachhaltig prägt. Die Kirchengeschichte selbst ist nur unzureichend dokumentiert, trotzdem hat sich Pfarrerin Helke Rothley bemüht, Wissenswertes über dieses etwas andere Gotteshaus zusammenzutragen.

Wer die Kirche betritt, ist trotz der schlicht gehaltenen Gestaltung des Innenraums beeindruckt. Klassisch protestantisch, ohne jeglichen Anflug von der Pracht anderer Gotteshäuser, beeindruckt die Kirche durch ihre besondere Farbgebung und durch die Gestaltung. Gegenüber dem Eingang befindet sich der Altar. Auf toskanischen Säulen angeordnet ist eine Empore, in deren Mittelpunkt  die Walcker-Orgel aus dem Jahr 1872 steht, die zusammen mit Altar und Kanzel automatisch den Blick des Betrachters auf sich zieht.

Ursprünglich gab es schon im 13. Jahrhundert wohl an derselben Stelle eine Kapelle, an deren Position später  die neue protestantische Kirche errichtet wurde. Überliefert ist auch, dass im Umfeld der Kapelle ein Friedhof angelegt worden war.

Hierzu sagt die Denkmaltopographie, dass es im Ort wohl bis 1555 zwei Kirchen gegeben haben soll, die beide dem Patronat des Klosters Rosenthal unterstanden. Seit 1555 ist die Pfarrkirche allerdings lutherisch.

Bekannt ist dieser spätere  Neubau auch, weil der Grundriss der Kerzenheimer Kirche  wie jener der Frankfurter Paulskirche auf den Baumeister Georg Hess zurückgeht. Er hat die Kerzenheimer Kirche 1783 geplant und einen ähnlichen Grundriss 1786 auch für die Paulskirche entworfen. Dies dokumentiert Lucia Seiß in ihrer  Masterarbeit im Fach Kunstgeschichte, die der protestantischen Kirchengemeinde Kerzenheim vorliegt. Damit sei die lange gepflegte Annahme, dass Julius Ludwig Rothweil, der die Kirchheimbolander Paulskirche entworfen hat, auch der Architekt des Kerzenheimer Kirchenbaus gewesen ist,  widerlegt, erklärt Pfarrerin Rothley.

„Bei unserer Kirche fallen die damals neuen klassizistischen Züge auf. Man wendete sich hin zur Demokratie, ging weg von feudalen Gesellschaftsstrukturen. Das belegt auch der Verzicht auf den Einbau einer Fürstenloge“, weiß die Pfarrerin über das Gotteshaus zu berichten.

Nur wenige Unterlagen

Bekannt ist, dass der Bau 1783 begonnen wurde. Ein früherer Pfarrer schreibt in einer Kirchendokumentation, dass die Grundsteinurkunde auf den 23. April 1783 datiert, die Einweihungsfeier bereits am ersten Advent desselben Jahres stattfand. Auch über diese Unterlagen verfügt die Kerzenheimer Kirchengemeinde. Sie werden im Pfarrbüro aufbewahrt. Überliefert ist zudem, dass die Flachdecke  des Kirchenraums im 19. Jahrhundert einmal herabgestürzt war und deshalb erneuert werden musste. Erneut restauriert  wurde – diesmal mit einer Flachdecke aus Beton, die aus Spendengeldern finanziert wurden – im Jahr 1925. Diese Decke trennt seitdem Dachstuhl und Kirchenraum.

Der südliche Vorbau (Risalit) zeigt ein vergoldetes Auge Gottes im Strahlenkranz. Außerdem sind Wolken aus Stuck und die Inschrift D.O.M. (Deo Optimo Maximo) über dem tempelartigen frühklassizistischen Eingangsportal zu erkennen. Im Sommer führt der Weg von der Straße zur Kirche durch eine begrünte Arkade, was den Gang ins Gotteshaus ebenfalls besonders macht. 
Rothley weist im Inneren auf die drei Altar-Bilder hin, von denen vor allem das rechte auffällt, da es eine eherne Schlange zeigt. Diese biblische Szene stamme aus dem vierten Buch Moses, so die Pfarrerin.

Der 32 Meter hohe Turm ist in vier Geschosse gegliedert und trägt einen achtseitigen Spitzhelm, der erst in der jüngsten Vergangenheit aufwendig und mit zahlreichen Spendengeldern saniert wurde.