Kirche in Klingenmünster: Ein Zelt für die betende Gemeinde

Die Säulen am Portal der Klingenmünsterer Kirche stehen für die Zehn Gebote, das Gebäude ist einem Zelt nachempfunden. Foto: Wiechers




VON HENNING WIECHERS


Wer das südpfälzische Klingenmünster auf der Weinstraße von Süden her kommend durchfährt, dem erscheint die Protestantische Kirche des Dorfes als beeindruckende Wegmarke, führt doch die Straße geradewegs auf sie zu, um direkt vor ihr nach links abzubiegen. Mit ihrem von Säulen gestützten Vordach und dem in einigem Abstand frei stehenden Turm ist sie ein „Hingucker“.


65 Jahre zählt das Gotteshaus der Klingenmünsterer Protestanten nun bald: Am 1. September 1957 war Grundsteinlegung, am ersten Advent 1958 wurde es feierlich eingeweiht. Gebaut wurde es nahe dem Standort seines Vorgängers, der wegen Baufälligkeit hatte aufgegeben werden müssen, an den aber noch heute die Sandsteine aus seinen Mauern an der Westseite der neuen Kirche erinnern.

In das durch sein mindestens seit dem 8. Jahrhundert bestehende Kloster geprägte Klingenmünster zog mit der Reformation auch der Protestantismus ein. Neben der reformierten gab es seit 1726 hier auch ein lutherische Gemeinde, beide hatten um die Wende zum 19. Jahrhundert je ihr Kirchlein. Nach der Kirchenunion von 1818 wurde die Kirche der Reformierten von den vereinten Konfessionen als Gottesdienststätte genutzt, die ehemals lutherische abgerissen. Die weiter genutzte Kirche hatte bis dahin keinen Turm, sondern nur einen Dachreiter. Die nun größer gewordene Unionsgemeinde gönnte sich 1848 einen Glocken- und Uhrenturm im damals beliebten romanischen Stil.

Schon damals, so berichtet die 2008 erschienene Festschrift zum 50. Geburtstag der heutigen Kirche, hatte das Königliche Bauamt in München auf ein Problem hingewiesen, das runde 100 Jahre später ein Grund für die Notwendigkeit sein würde, neu zu bauen: der instabile Untergrund aus Ton und Sand, der zudem Wasser führt. Der ließ sozusagen „die Wände wackeln“, nach und nach bekamen Turm und Kirchengebäude immer mehr Risse. Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs beschleunigten den Verfall. 1953 wurde der Turm bis zur Traufhöhe abgetragen, im März 1956 verfügte das Landratsamt Bergzabern die Schließung der Kirche.

Da die Klingenmünsterer Protestanten also eine neue Kirche brauchten, wurde der Landauer Architekt Wilhelm Ecker mit deren Gestaltung betraut. Der gab diesem neuen Gebäude mit Augenmerk auf den problematischen Untergrund einen Standort ein Stück weiter hangaufwärts des Vorgängerbaus „und ließ ein Stahlbetongerüst errichten, das Halt bietet. Auch die Fundamentsbalken wurden miteinander verbunden, so dass der ganze Bau auf einem ,Rost‘ ruht, der die Fundamente gegen seitlichen Erddruck schützt“, wie es in der Festschrift weiter heißt.


Kühle Schlicht- und „süßliche Buntheit“


Das Kirchengebäude bekam die Form eines Zeltes. „Das weist zurück auf das älteste Haus Gottes in der Bibel, die Stiftshütte, das heilige Zelt als sichtbare Wohnung des unsichtbaren Gottes“, erklärte der 2008 in Klingenmünster tätige Pfarrer Andreas Henkel in der Gebäudebeschreibung. Die zehn Säulen vor dem Westgiebel symbolisieren die Zehn Gebote. Der Kirchenraum ist der Zeltsymbolik entsprechend schlicht gehalten, die Altarwand wird von einem großen schlichten Kreuz geprägt.

Durchbrochen wird die fast kühl anmutende Gestaltung durch das beidseitige Band runder Buntglasfenster, konzipiert von der Landauer Bildhauerin Margot Lebert, die auch Kanzel und Taufstein gestaltete und den alten Altar überarbeitete.

Die Fenster  allerdings erzeugten – wie berichtet wird – beim Kirchenoberbaurat, der den Neubau besichtigte, gemischte Gefühle: „In einem Protokoll ist kritisch von ,süßlicher Buntheit‘ die Rede, die Gefahr läuft, ,zu mystisch zu werden‘“. Solche  Bedenken scheinen zumindest für die Klingenmünsterer Kirchennutzer weniger bedeutend gewesen zu sein, denn 1998 kam zu den vorhandenen noch ein weiteres kunstvoll gestaltetes farbiges Glasfenster dazu. Der Bad Bergzaberner Glaskünstler Eugen Krumholz übernahm die Aufgabe, das große Fenster im Westgiebel, das bis dato das Licht nur durch schwach getöntes einfaches Glas einließ, neu zu gestalten. Krumholz ließ hier nun drei Posaunenengel ihre Instrumente blasen.

Seit Pfingsten 2008 hängt an der nördlichen Innenwand der Kirche ein besonderes Kunstwerk: ein Teil des Zyklus’ „Fresken der Versöhnung“ des elsässischen Künstlers Claude Braun. Die übrigen Zyklus-Fresken fanden ihre Plätze in weiteren sieben südpfälzischen und nordelsässischen protestantischen Kirchen.

2005 wurde auf dem Dach der Klingenmünsterer Kirche eine Photovoltaik-Anlage installiert. Der Turm – südwestlich vor dem Gebäude freistehend – wurde 1965 fertig – und mit neuen Glocken versehen in den Läutedienst gestellt.