Jockgrim: Ehen schließen statt Ziegel brennen

Die Gesamtanlage bildet ein harmonisches Ganzes: links das Ziegeleimuseum, Mitte und rechts  die beiden Flügel des Verwaltungsgebäudes. Im Zentrum davor steht der markante „Hochzeitsturm“. Foto: Iversen




VON HENNING WIECHERS

Wenn ein Gebäude bereits rund 30 Jahre nach seiner Errichtung unter Denkmalschutz gestellt wird, handelt es sich ziemlich sicher um ein ziemlich besonderes Gebäude. Und das ist das Rathaus der Verbandsgemeinde Jockgrim tief im Südwesten der Pfalz ohne Zweifel. Im vergangenen Jahr hat die rheinland-pfälzische Generaldirektion für kulturelles Erbe (GDKE) angekündigt, ihm den Schutzstatus zu verleihen.


Das Gebäude, in dem die Verbandsgemeindeverwaltung seit 1991 ihr Domizil hat, besteht aus zwei parallelen Flügeln mit einem davor stehenden markanten achteckigen Turm, der bei den Jockgrimern und ihren Nachbarn „Hochzeitsturm“ heißt, weil hier Trauungen stattfinden. Nach Westen hin ist es über einen verglasten Korridor an das heutige Jockgrimer Ziegeleimuseum angebunden, ein restauriertes historisches Gebäude. Das Ensemble steht auf dem Gelände der ehemaligen Falzziegelwerke Carl Ludowici, die Jockgrim ab den 1880er-Jahren prägten. 

Den Standort hatte das Unternehmen gewählt, weil es hier  gute Tonvorkommen, Arbeit suchende Landbevölkerung und günstige Verkehrsbedingungen gab. Um 1900 gehörte das Unternehmen mit rund 600 Beschäftigten zu den größten Ziegelherstellern der Welt. Kriege und Krisen brachten Einschnitte, nach 1945 gab es noch einmal eine Blüte, aber ab Ende der 1950er-Jahre ging es aufgrund des abnehmenden Bedarfs an Ziegeln sowie der zur Neige gehenden Tonvorräte bergab. Nach Bränden wurde die Niederlassung in Jockgrim schließlich im Jahr 1972 endgültig aufgegeben. Im selben Jahr wurde die Verbandsgemeinde Jockgrim gegründet.

Nachdem zunächst Nachfolgeunternehmen auf dem Werksgelände residierten, begann bald der Verkauf von Geländeteilen. Im Andenken an die Bedeutung, die das Unternehmen für die Menschen gehabt hatte, erwuchs vor Ort das Bemühen, einen Teil des zerstörten Werks als Ziegeleimuseum zu erhalten. „Zeitgleich beschloss die Verbandsgemeinde die Errichtung eines neuen Verwaltungsgebäudes auf dem Gelände, sodass man beide Projekte miteinander verband“, heißt es in der Beschreibung, die die GDKE auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat. 

Und weiter wird berichtet, dass mit dem Wiederaufbau der noch vorhandenen historischen Substanz der Kaiserslauterer Architekt und Denkmalpfleger Hartmut Hofrichter beauftragt wurde und für die Planung des Verwaltungsgebäudes der bekannte Kölner Architekt Gottfried Böhm gewonnen werden konnte. Böhm bezog seinen ältesten Sohn Stephan in die Planungen mit ein. „Für das Museum erstand auf diese Weise der ehemalige Gründerbau der Ziegelei mit Pressenhaus wieder, während man auf den Fundamenten des ehemaligen Ringofens einen Teil des neuen Verwaltungsgebäudes mit Sitzungssaal und Ausstellungsräumen errichtete“, so die GDKE-Beschreibung weiter. Ergänzt wurde dieser Teil durch den zweiten Flügel an der Ostseite. 

Baumaterialien harmonieren mit historischen Anlagen


Das  Verwaltungsgebäude ließen die Böhms unter Verwendung von Sandstein und Ziegelmauerwerk sowie mit Glas-Stahl-Elementen erstehen. „Der Entwurf für das neue Rathaus knüpft unmittelbar an die Reste der Ziegelei an, nimmt deren Strukturen auf und versucht, neu und alt zu einer Einheit zusammenzufassen“, schreibt Stephan Böhm zum Projekt. 

Auch beim Neubau wurden Überreste des Werks einbezogen: „Der Ziegeleiofen war durch eine Halle überbaut, deren Außenmauern noch im Norden und im Westen teilweise erhalten waren. Im Osten haben wir die fehlende Mauer auf der ganzen Länge des Ofens ergänzt, sie bildet jetzt die Außenwand des neuen Verwaltungsflügels“, erklärt Böhm. „Absicht unseres Entwurfs war die Schaffung einer zentralen Anlage, die den strengen Charakter der ehemaligen Industriearchitektur aufnimmt.“ 

Und zur Materialauswahl: „Für das vorherrschende Mauerwerk haben wir einen Ziegelstein verwendet, der dem alten Ziegel des Ofens in Oberflächenstruktur und Farbenspiel sehr ähnlich ist. Für das Holz der Dachkonstruktionen (...) haben wir Douglasie ausgesucht, ein leuchtend rötliches Holz, das kräftig wirkt und mit der Ziegelfarbe besonders gut harmoniert. Als Bodenbelag für die repräsentativen Räume haben wir Tonplatten gewählt. (...) Die Rahmen der kleinteilig gegliederten Fensterflächen bestehen aus rötlich lasiertem Lärchenholz. Die verglaste Stahlkonstruktion der Brücken und der Verbindungshalle ist einfach und zurückhaltend gestaltet.“

Der Denkmalschutz  soll den Neubau  einbeziehen in den „Schutzumfang des bestehenden Kulturdenkmals ehemalige Falzziegelfabrik Ludowici“. Indes hat auch an ihm schon der Zahn der Zeit genagt, er muss saniert werden. Dabei wieder mit Rat und Tat engagiert ist Stephan Böhm, dessen Vater im vergangenen Jahr 101-jährig starb.