Ramsen: Ein S(ch)austall mit Architekturpreis

Dem 1780 erbauten und zwischenzeitlich abbruchreifen Schweinestall wurde 2004 das Dach abgenommen, und er wurde innen völlig entkernt. Anschließend wurde eine architektonische Lösung entwickelt, die den äußeren Charme des Gebäudes erhalten hat. Foto: srä



VON STEPHANIE BRÄUNLING

Am Eiswoog, einem uralten Fisch- und Badeweiher in Ramsen, liegt das Seehaus Forelle Haeckenhaus. Dahinter, neben einer Forellenzuchtanlage, ein Saustall. Ein ehemaliger Saustall. Der nur noch als Lager genutzt wurde, als er keine Schweine mehr zu beherbergen hatte. Und immer mehr zerfiel. Der erst wieder richtig wahrgenommen wurde, als das Gasthaus Forelle im Jahr 2004 um ein Hotel erweitert wurde. Zwischenzeitlich ist er ein S(ch)austall mit Architekturpreis.

Der Eiswoog im nördlichen Pfälzerwald blickt auf eine jahrhundertelange Geschichte zurück. Als Fischweiher wurde das vermutlich auf natürliche Weise entstandene Gewässer durch das Nonnenkloster Ramsen angelegt, das im Jahr 1146 gegründet wurde. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts ist der Eiswoog im Besitz der Familie von Gienanth, die dort im Jahr 1951 den Gasthof Forelle erbaute und immer wieder erweiterte. Im Jahr 2004 kam dann auch ein Hotel dazu.

„Die Aufgabe an die Architekten war damals nicht, ein Hotel zu bauen – denn Hotels gibt es viele“, erklärt der Hotelier und Geschäftsführer Jörg Maier. „Sie sollten vielmehr Räume schaffen, in denen die Gäste wohnen wollen“, erläutert er. Räume, die im Einklang stehen mit der Natur, die sich im Laufe der Jahrhunderte zu etwas ganz Besonderem entwickelt hat. Sie sollten im Einklang stehen mit dem Eiswoog, der breit angelegten Forellenzucht, den Rinderherden auf den umliegenden Wiesen und den dazugehörigen Wäldern mit ihrem Wildbestand. Die Architektur sollte einen Zugang schaffen zu dem, was schon lange da ist. Und  darüber hinaus noch multifunktionale Raumlösungen bieten, denn da hat Jörg Maier als Hotelier so seine Ansprüche.

Aufgrund der Ausschreibung habe sich neben vielen anderen Architekten auch ein junges Paar beworben, das damals kurz vor dem Abschluss seines Architekturstudiums in Kaiserslautern stand. „Die beiden haben einfach gefragt, ob sie mit abgeben dürfen“, erinnert sich Maier. „Und sie konnten uns von sich überzeugen.“ Bei der Planung hätten sie dann den von Brombeerhecken überwucherten Schweinestall entdeckt. Eine richtige Bauruine sei er gewesen, abbruchreif. Ein Neuaufbau wäre jedoch aufgrund der unmittelbar daran vorbeiführenden Kreisstraße nicht mehr genehmigt worden. „Da hatten die beiden die Idee, für die Zeit der Baubegleitung ihr Architekturbüro darin unterzubringen und ihn danach als Ausstellungsraum herzurichten.“ Ihr Ziel dabei war es, Respekt vor der Geschichte zu zeigen und dennoch einen modernen Innenraum nach heutigen Maßstäben zu schaffen. „Sie haben so lange ins Blaue hinein gesponnen, bis sie eine ,Haus im Haus‘-Lösung entwickelt hatten.“

Aus Alt und Neu etwas völlig Eigenes geschaffen

Um den Charme des bereits 1780 errichteten Häuschens außen zu erhalten, hätten sie das Dach abgetragen und innen komplett entkernt. „Mithilfe eines Autokrans wurde dann ein komplettes, aus Holzbautafeln zusammengebautes, passgenaues Häuschen durch das offene Dach zwischen die vier Wände platziert“, beschreibt der Geschäftsführer die Vorgehensweise. Sogar die für einen Schweinestall üblichen Fensteröffnungen seien bei beiden an den exakt gleichen Stellen. Das heute in Stuttgart wirkende Architektenpaar hat für seine Lösung den Architekturpreis Rheinland-Pfalz 2005 und andere Anerkennungen bekommen, denn „es bleibt nicht bei einem bloßen Dialog von Alt und Neu, vielmehr entsteht durch den sensiblen Einsatz von Konstruktion, Material und Detail ein völlig neues Ganzes eigener Qualität.“

Jörg Maier wundert sich immer wieder darüber, welch unglaubliches Licht durch das Fenster im Dach in den Raum dringt, und über die ganz eigene Atmosphäre, für die es sorgt. Während der Raum zunächst verschiedenen Künstlern für Ausstellungen zur Verfügung stand, wurde später aufgrund der großen Nachfrage eine Massagepraxis darin eingerichtet. „Das ist jetzt unser Wellnessbereich“, erzählt Maier und lacht.  Für ihn ist das „Holzhaus im Steinhaus“ mit dem Konzept für das Hotel Haeckenhaus stimmig. Denn auch das Hotel sei ein Kompromiss zwischen Tradition und Moderne und konnte viele, sogar internationale Architekturpreise gewinnen.

Dem Kriterium Multifunktionalität wird durch Gästezimmer Rechnung getragen, die mit wenigen Handgriffen zu einem Besprechungsraum oder Familienzimmer umgewandelt werden können. Den Zugang zur Natur eröffnen einige der zwölf individuell eingerichteten Zimmer beispielsweise mit einem eigenen kleinen Garten und einem Steg zum See vor der Tür. „Wer mag, kann baden oder bekommt sein eigenes Ruderboot ans Zimmer“, erläutert Maier. „Wenn man hier so sitzt, sind unsere Themen vorgegeben. Ruhe, Natur und Erholung – dem wollen wir gerecht werden.“