Schottergärten haben nur wenig gute Eigenschaften

Nicht wirklich ein vielfältiger Lebensraum: ein im Wesentlichen mit Kies gestalteter Vorgarten. Foto: wip

Nicht wirklich ein vielfältiger Lebensraum: ein im Wesentlichen mit Kies gestalteter Vorgarten. Foto: wip

 

VON HENNING WIECHERS

„Der Garten will jeden Tag seinen Herrn sehen“, den Spruch kennen alle, die im Nachkriegsdeutschland Eltern, Großeltern, Onkel und Tanten mit Haus- oder Schrebergärten hatten. Die grüne Oase mit Versorgungsfunktion machte viel Mühe. Irgendwann wollte die Lust am Rackern bei vielen nicht mehr recht aufkommen, und so wuchs der Trend zu pflegeleichter Gartengestaltung. Dabei kamen auch die Schottergärten in Mode. Gegen diese Alternative aber regt sich inzwischen Widerstand – von Naturschützern wie vonseiten der Politik.

Große Flächen, mit grobem Kies oder Split bedeckt, an einigen Stellen ein Bäumchen, ein Strauch, die ein oder andere Staude. Sonst zunächst kein Kräutlein, weil oft Folie oder Vlies unterm Kies das Durchwachsen verhindert. So präsentieren sie sich, örtlich Seit’ an Seit’ entlang mancher Straßenzüge, die modernen „Steingärten“, besser als Schottergärten bezeichnet. Naturschützer nennen sie auch gern „Gärten des Grauens“.

Sie geben ein „ordentliches“ Bild ab, sollen oft auch mit der Architektur des Hauses harmonieren, aber vor allem sollen sie dem Besitzer wenig Mühe abverlangen. Bloß das trifft nur für die erste Zeit nach der Anlage zu, weiß Werner Ollig, Leiter der Gartenakademie Rheinland-Pfalz. Die Pflege von Schottergärten sei viel aufwendiger als oftmals gedacht. „Zwischen den Steinen lagern sich mit der Zeit zum Beispiel Staub und Laub ab, die ein Substrat für unerwünschte Wildkräuter bilden könnten und die daher aufwendig von Hand beseitigt werden müssen“, stellen er und Birgit Heinz-Fischer, Referentin beim Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz (GStB), in einem Aufsatz zur Aktion „Entsteint euch RLP“ klar. Durch die Ansiedlung von Algen, Flechten und Moosen, aber auch durch Straßenstaub verfärbten sich die Steine und müssten daher dann mühsam gereinigt werden oder würden sogar ausgetauscht.

Aktion „Entsteint euch RLP“ soll aufklären

Mit der Aktion „Entsteint euch RLP“, bei der die Gartenakademie vom GStB und von der Deutschen Gartenbaugesellschaft 1822 unterstützt wird und die ein Kooperationsprojekt im Rahmen der „Aktion Grün“ des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten ist, wollen die Initiatoren auf die Probleme und Umweltauswirkungen der großflächigen Steinschüttungen hinweisen. Und sie möchten über tatsächlich pflegeleichte Alternativen informieren, die sich etwa durch eine Bepflanzung mit Bodendeckern, Staudenmischpflanzungen und  Sträuchern realisieren lassen und etliche Vorzüge für Kleinklima und Biodiversität mit sich bringen. So soll bei den Gartenbesitzern für den Verzicht auf die Anlage von neuen Schottergärten und für den Rückbau vorhandener geworben werden.

„Die Steinwüsten bieten keinen Lebensraum“

Die „Nebenwirkungen“ solch steiniger Gartengestaltung sind in der Tat kein Segen: „Die Steinwüsten bieten keinen Lebensraum. Insbesondere dunkle Steine heizen sich stark auf und speichern Wärme“, informiert Ollig. Das könne, wo viele Schottergärten angelegt wurden, zur Aufheizung des Kleinklimas in Ortschaften durch Abgabe der tagsüber aufgenommenen Wärme führen. „Da keine oder nur sehr wenige Pflanzen vorhanden sind, entfällt zusätzlich die Verdunstung, die für Luftfeuchte und Abkühlung sorgt, in Hitzeperioden ein unangenehmer Effekt.“ Wo Humus, Lehm und Erde durch eine Steinschicht ersetzt werden, könne kein Wasser gespeichert werden. „Wird statt Unkrautvlies sogar Teichfolie oder Beton als Untergrund verwendet, ist der Boden vollständig versiegelt.“

Dies und die Tatsache, dass mit der Verarmung an pflanzlichem Leben auch eine Verarmung an tierischem, vor allem am Lebensraum der sogenannten Nützlinge wie Igel, Bienen, Wildbienen, Vögel und Amphibien, einhergeht, ruft schon seit einiger Zeit vielerorts auch die Kommunal- und Landespolitik auf den Plan, die rechtliche Hürden gegen die Anlage von Schottergärten aufgerichtet hat oder sie noch aufrichten will. So haben einige Städte das Anlegen von Steingärten bereits verboten oder eingeschränkt, beispielsweise in Dortmund, Waltrop oder Heilbronn gebe es ein Steingarten-Verbot für neue Bebauungspläne, heißt es in einer  Pressemitteilung der Bausparkasse BHW zum Thema. In vielen Kommunen werden Schotterbeete auf die Versiegelungsfläche angerechnet.

Die baden-württembergische Landesregierung hat im Juli mit der Verabschiedung der Novelle des Naturschutzgesetzes ein Verbot von Schottergärten im Ländle konkretisiert, das im Prinzip schon seit Jahren in der Landesbauordnung steht. Dort heißt es: „Die nichtüberbauten Flächen der bebauten Grundstücke müssen Grünflächen sein, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden.“ Das seit August gültige Naturschutzgesetz des Landes stellt nun klar: „Schotterungen zur Gestaltung von privaten Gärten sind grundsätzlich keine andere zulässige Verwendung im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 1 LBO.“ Diskutiert wird  allerdings noch, inwieweit vorhandene Schottergärten jetzt von den Besitzern rückgebaut werden müssen.

Verbot wird auch in Rheinland-Pfalz diskutiert

Auch die Formulierung in der rheinland-pfälzischen Landesbauordnung wird allenthalben als Schottergarten-Ablehnung verstanden: „Nicht überbaute Flächen bebauter Grundstücke sollen begrünt werden, soweit sie nicht für eine zulässige Nutzung benötigt werden. Befestigungen, die die Wasserdurchlässigkeit des Bodens wesentlich beschränken, sind nur zulässig, soweit ihre Zweckbestimmung dies erfordert“, heißt es da in Paragraf 10. Das Verbot für Anlagen bei Neubauten konkret auszusprechen, wollen sich die Grünen des Landes nun in ihr Wahlprogramm schreiben. 
Die Gesetzesvorstöße kommen aber nicht bei allen gut an. Vielen Kritikern sind Verbote ein zu starker Eingriff in die Gestaltungsfreiheit beim Umgang mit Privateigentum. Bezweifelt wird auch, dass die tatsächlichen Auswirkungen der Schottergärten  auf Kleinklima, Artenvielfalt und  Wasserhaushalt so gravierend seien, dass sie ein Verbot rechtfertigten.