So schützen sich Häuslebauer vor steigenden Baupreisen

Trotz steigender Materialpreise am Traum des Eigenheims festhalten? Das geht, aber man sollte einige Dinge beachten. Foto: Christin Klose/dpa-tmn




Knappe Materialien verteuern Bauprojekte zunehmend. Doch was gilt für einen bereits geschlossenen Bauvertrag? Müssen Bauherren bei extremen Preissprüngen Nachforderungen des Bauunternehmens akzeptieren?


Häuslebauer haben gerade schwere Zeiten. Baumaterialien sind knapp und werden immer teurer. Dazu kommen Personalengpässe bei den Baufirmen. All das verteuert und verzögert das Bauen. Aber sind Bauherren dem machtlos ausgeliefert? Welche Rechte und Möglichkeiten haben sie, ihre im Bauvertrag festgeschriebenen Vereinbarungen durchzusetzen?

„Wir beobachten erhebliche Bauverzögerungen“, sagt Florian Becker, Geschäftsführer des Bauherren-Schutzbundes in Berlin. „Drei bis vier Monate sind beinahe schon die Regel, aber auch sechs bis zwölf Monate sind nicht außergewöhnlich.“

Für Bauherren kann das teure Konsequenzen haben. „Viele haben ihre Mietwohnungen gekündigt, ihre Kinder in der neuen Schule angemeldet, weil sie nach der Fertigstellung schnell ins eigene Haus umziehen wollten“, sagt Becker. Auf sie kämen dadurch ungeplante Kosten zu – zum Beispiel für die Unterbringung im Hotel oder die Einlagerung der Möbel, bis das Haus fertig ist.

Aber es ist nicht so, dass Bauherren automatisch auf diesen Kosten sitzenbleiben. Ein Blick in den eigenen Bauvertrag gibt Aufschluss darüber, wer für Bauverzögerungen haftet und die Preissteigerungen tragen muss.


Materialbeschaffungsrisiko liegt beim Bauunternehmer


„In der Regel haben Preissteigerungen keine Auswirkungen auf bestehende Vereinbarungen, denn es werden in Verbraucherbauverträgen grundsätzlich Festpreise zugrunde gelegt“, sagt Rechtsanwalt Florian Herbst von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht des Deutschen Anwaltvereins. Bauherren haben hier eine gute Rechtsposition. Das sogenannte Materialbeschaffungsrisiko liegt beim Bauunternehmer, sofern im Bauvertrag ein Festpreis vereinbart wurde. Das bedeutet, dass der Bauunternehmer die zusätzlichen Kosten übernehmen muss.

Und doch kommt es vor, dass Baufirmen während der Bauphase Nachforderungen an Bauherren stellen, weil sie bestimmte Materialien viel teurer einkaufen müssen als bei Vertragsabschluss absehbar. „Das ist eine einseitige Vertragsänderung, die unwirksam ist“, erklärt Florian Becker. „Der Bauherr muss sich darauf nicht einlassen.“

Allerdings ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn der Bauherr ist ja daran interessiert, den Bau zu Ende zu bringen und keinen Rechtsstreit zu riskieren. „Am besten ist es, erst einmal gar nicht auf diese Nachforderungen zu reagieren und das Thema auf das Ende des Bauvorhabens zu verschieben“, rät er. Dann kann man ruhiger darüber verhandeln, wer eventuelle Mehrkosten trägt. „Fairness ist in dieser Situation durchaus angebracht“, so Becker.


In bestimmten Fällen ist die Preisanpassung rechtsgültig


In extremen Fällen ist es aber möglich, dass das Unternehmen einen Anspruch auf Preisanpassung geltend machen darf. „Das ist dann gegeben, wenn das Festhalten am Vertrag unzumutbar wäre – etwa bei einem Risiko, mit dem beide Seiten nicht rechnen konnten“, erklärt Florian Herbst. „Ob das bei extremen Preissteigerungen für Material der Fall ist, muss juristisch geklärt werden.“ Der Teufel steckt oft im Detail. Die Zusicherung der Baufirma, sich an einen vertraglich vereinbarten Festpreis zu halten, ist häufig zeitlich begrenzt. Ist im Vertrag eine bestimmte Bauzeit vereinbart, gilt die Preisbindung nur bis zu der ursprünglich vereinbarten Frist, danach kann unter Umständen eine Preisanpassung folgen. Etwa wenn Verzögerungen den Baubeginn beeinträchtigen.

„Das kann zum Beispiel beim Bearbeiten des Bauantrages bei der Baubehörde vorkommen“, so Florian Becker. Bauherren sollten deshalb im Vertrag nicht nur einen konkreten Fertigstellungstermin oder eine konkrete Bauzeit vereinbaren, sondern immer auch einen Termin, bis wann die Unterlagen für den Bauantrag zu übergeben sind. Kommt es zu Bauverzögerungen, muss das Bauunternehmen alle zusätzlichen Kosten tragen. Auch wenn die Firma alles tut, um die notwendigen Materialien zu beschaffen, bleibt sie in der Pflicht. Der Bauherr kann sogar Schadensersatzansprüche geltend machen. „Er sollte zunächst das Unternehmen schriftlich auffordern, den Bau fertigzustellen“, sagt Florian Becker. „Später, nach Bauende, ist es angebracht, eventuelle Zusatzkosten wie Hotel- oder Lagerkosten aufzulisten.“


Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht


Rechtsanwalt Florian Herbst rät, miteinander zu reden. „Man mag ja Schadensersatzforderungen haben, aber ob sie durchsetzbar sind, ist eine andere Frage.“ Seiner Erfahrung nach hat noch kein Bauherr von der Insolvenz seines Baupartners profitiert. Im Gegenteil: Mehrkosten seien vorprogrammiert.

In Verträgen, die jetzt neu abgeschlossen werden, sind die Risiken durch Materialknappheit und Preissteigerungen in der Regel schon eingepreist. „Wir sehen deutlich höhere Preise“, sagt Florian Becker. „Sie erreichen Dimensionen, wo der geschätzte Immobilienwert der finanzierenden Banken deutlich geringer ist als die vertraglich vereinbarte Bausumme.“

Trotzdem ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht, und manche Baufirmen wollen sich mit Preisgleitklauseln im Bauvertrag für die Zukunft absichern. „Die sind aber in der Regel unwirksam“, sagt Rechtsanwalt Herbst. Wer darauf stößt, sollte sich juristisch beraten lassen. Unverbindliche Angebote in einem Vertragsangebot seien aber zulässig. Das Bauunternehmen muss dann jedoch vor Vertragsschluss seine Preise verbindlich bestätigen. (dpa)