Siebenpfeifferhaus ist ge­schichts­träch­tig

Heute steht ein Neubau auf dem Grundstück. Zurückgesetzt von der Kirchenstraße beherbergt das neue Siebenpfeifferhaus  das protestantische Dekanat und die Kirchengemeinde Homburg-Mitte. Foto: Gilcher

Heute steht ein Neubau auf dem Grundstück. Zurückgesetzt von der Kirchenstraße beherbergt das neue Siebenpfeifferhaus das protestantische Dekanat und die Kirchengemeinde Homburg-Mitte. Foto: Gilcher

 

VON KLAUDIA GILCHER

Philipp Jakob Siebenpfeiffer (1789-1845) war ein maßgeblicher Initiator des Hambacher Festes, Synodaler der pfälzischen Landeskirche, passionierter Gartenbauer und als Landcommissär in Homburg im heutigen Saarland ab 1818  einer der ersten Landräte in der Pfalz. In Homburg steht noch heute ein Siebenpfeifferhaus. Der Namensgeber würde es aber wohl kaum  als seinen früheren Wohn- und Amtssitz erkennen.

„In diesem Hause, dem alten Landkommissariat, lebte und wirkte von 1818 bis Dezember 1830 Dr. Philipp Jakob Siebenpfeiffer, einer der ersten Republikaner Deutschlands und Stifter des Hambacher Festes 1832.“ Eine Plakette weist im Foyer des Homburger Siebenpfeifferhauses auf jenen Doktor der Rechtswissenschaften hin, dessen Name „unlösbar mit dem Gebäude, in dem er zwölf Jahre lang gelebt und gearbeitet hatte“, verbunden ist, wie es in einer vom Protestantischen Dekanat herausgegebenen Broschüre „Siebenpfeiffer und Homburg“ heißt. Es blieb im Volksmund auch das Siebenpfeifferhaus, als die Verwaltung längst ausgezogen war und zunächst eine Knaben- und dann eine Mädchenschule Einzug hielten. Alle Symbolkraft half indes am Ende nichts: 1962 rückten die Bagger an, das Gebäude wurde auf Stadtratsbeschluss abgerissen.

Der Landeskonservator habe den Zustand des Anwesens als zu marode zur Erhaltung eingestuft, heißt es in einer  zeitgenössischen Nachricht des Saarländischen Rundfunks. Gegenargumente, unter anderem von Seiten des Homburger Pfarrers Günther Hepp, das Haus „eines der ersten deutschen Demokraten“ zu retten, verhallten. Auch die zeitweilig diskutierte Erhaltung wenigstens der Fassade  gelang nicht. Schließlich entstand, etwas zurückgesetzt von der Straße, im Stil der Zeit ein Neubau. Er gehört wie das Grundstück der Protestantischen Kirche und dient als Verwaltungssitz von Dekanat und der Kirchengemeinde Homburg-Mitte sowie als Begegnungsstätte. An die Historie von Gebäude und Demokratiebewegung  erinnert   eine kleine Bilderausstellung im „Siebenpfeiffer-Zimmer“.

Die Geschichte des Hauses begann mit dem Zweibrücker Herzog Karl II. August (1746-1795). Unter seiner Regie wurde das dreistöckige barocke Haus  erbaut. „Es diente als Kavalierhaus zur Unterbringung des Hofstaats“, erläutert Martin Baus  von der Homburger Siebenpfeiffer-Stiftung. Diese zeichnet unter anderem Journalisten aus, die sich ohne Rücksicht auf persönliche Opfer, Karriere oder finanzielle Vorteile für Demokratie und Freiheit einsetzen.

Wer zahlt die Rechnungen?

Siebenpfeiffer bezog das Haus samt Nebengebäude, Stallungen und Garten mit seiner Ehefrau Emilie von Weisseneck, nachdem er zum 1. April 1818 zum Landcommissär in Homburg ernannt worden war. Die beim Wiener Kongress erfolgte Neuregelung der Landkarte nach der Französischen Revolution hatte die Pfalz zuvor zu einem Kreis des Königreichs Bayern gemacht, gegliedert in zwölf Landcommissariate. Das Homburger umfasste 79 Gemeinden mit rund 40.000 Einwohnern. Bei der Sanierung und Herrichtung des Wohn- und Dienstsitzes kam es offenbar zu Irritationen, was Stadt und Landrat zu bezahlen hatten. 1822  wurden Siebenpfeiffer wegen offener Rechnungen je zwei Pferde und Kühe sowie  eine Kutsche  gepfändet.

Auch sonst verliefen die Homburger Jahre nicht ungetrübt. Anfangs ein loyaler Untertan  des sich liberal gebenden Bayernkönigs Ludwig I., war Siebenpfeiffer zunehmend frustriert vom Ausbleiben sozialer und wirtschaftlicher Reformen. Im Oktober 1830  machte er sich Luft in einer eigenen Zeitung: Rund 3000 Exemplare sollen vom ersten „Rheinbayern“-Heft  verkauft worden sein.

Die Kritik an der Herrschaft zeigte Wirkung: Am 25. November 1830 wurde Siebenpfeiffers Entlassung und Versetzung nach Oberschwaben eingeleitet, wo er ein Zwangsarbeiterhaus leiten sollte. Stattdessen zog der unabhängige Geist ins benachbarte Zweibrücken, intensivierte gemeinsam mit Johann Georg August Wirth seinen kritischen Journalismus und ließ sich schließlich in Oggersheim und Haardt nieder, von wo aus er das Hambacher Fest am 27. Mai 1832 vorbereitete. Aus Homburg kamen rund 80 Teilnehmer, um republikanische Freiheitsrechte  einzufordern.

Siebenpfeiffer wurde nach dem Fest  verhaftet. Seinen Homburger Besitz, darunter ein großer Garten mit Weinberg und Fischteich, war bereits im März  versteigert worden. Er durfte das Gelände danach nur noch einmal besuchen, am 18. Juni, als er von Neustadt aus ins Zweibrücker Zuchthaus überführt wurde. 1833 gelang ihm die Flucht in die Schweiz, wo er als Professor wirkte und 1845 in einem Irrenhaus starb, vermutlich an den Folgen einer Demenzerkrankung.