Sperrmüll: Für jeden zum Mitnehmen freigegeben?

Sperrmüll

Auch ein Sperrmüll-Ärgernis: Ein Nachbar bestellt für sich eine Abfuhr und innerhalb kurzer Zeit entdeckt der ganze Wohnblock, dass es im Keller noch reichlich Überflüssiges gibt. Foto: Cora Müller/stock.adobe.com 

 

Wenn die einen abends alte Stühle, Lampen, Fernseher oder Kühlschränke auf den Gehweg wuchten, dann erwacht bei anderen der Jagd- und Sammeltrieb: Im Sperrmüll gibt es oft noch sehr viel Brauchbares zu entdecken. Aber frei bedienen, darf man sich deswegen keineswegs. In vielen Fällen droht sogar eine teure Abfuhr der Justiz.


Im Gesetz gibt es eine einfach klingende Regelung: Eine „herrenlose bewegliche Sache“ darf jeder mitnehmen und wird dadurch zum Eigentümer (Paragraf 958 I Bürgerliches Gesetzbuch, GBG). Der eine oder andere Sperrmüll-Sammler meint deshalb, er könne mitnehmen, was ihm gefällt. So einfach ist das aber nicht.

Es geht schon damit los, dass mancher Ex-Eigentümer gar nicht möchte, dass sein früherer Besitz in fremden Händen landet, etwa die Kiste mit den Liebesbriefen des verflossenen Partners. Im Fall eines Künstlers, der drei selbstgemalte Bilder vernichten wollte und zum Sperrmüll gestellt hatte, sah das Landgericht Ravensburg keine „Eigentumsaufgabe“, sondern eine „Eigentumsübertragung“ an die Müllabfuhr (Az.: 3 S 121/87). Die Folge: Die Bilder waren nicht herrenlos, der Sperrmüll-Sammler musste sie wieder herausrücken und die Kosten des darum entsponnenen Prozesses zahlen.

Durchwühlen des Sperrmülls als Ordnungswidrigkeit

Ähnlich sieht es aus, wenn jemand zum Beispiel für eine wohltätige Organisation alte Sachen vor die Tür stellt, sei es einen Kleidersack oder Möbel. Dann handelt es sich ebenfalls um eine Eigentumsübereignung. Wer die Kisten wegnimmt, kann wegen Diebstahls bestraft werden. Das Gleiche gilt, wenn per örtlicher Abfallsatzung geregelt ist, dass der Sperrmüll auf der Straße automatisch der Gemeinde oder dem Entsorgungsbetrieb gehört. Schon das Durchwühlen von Sperrmüll ist dadurch vielerorts verboten und kann als Ordnungswidrigkeit bestraft werden.

Wer Sperrmüll vor die Tür stellt, muss wiederum aufpassen, dass es nicht zu Verwechslungen kommt – etwa mit gleichzeitig vor der Tür stehendem Umzugsgut. Müllentsorger sind generell nicht zu größeren Kontrollen verpflichtet. So lautete jedenfalls die Entscheidung des Landgerichts Bonn (Az.: 2 O 22/05). Der Fall: Ein Mann hatte auf 5700 Euro Schadenersatz geklagt, weil Müllleute nicht nur seinen Sperrmüll, sondern auch in einem Carport gelagerte wertvolle Möbel gleich mit entsorgt hatten. Selber schuld, hieß es: Er hätte seinen Sperrmüll und die wertvollen Sachen besser voneinander trennen müssen.

Arbeitsrichter haben sich mit Thema Sperrmüll beschäftigt.

Ein anderes Sperrmüll-Ärgernis: Ein Nachbar bestellt für sich eine Abfuhr und innerhalb kurzer Zeit entdeckt der ganze Wohnblock, dass es im Keller noch reichlich Überflüssiges gibt. Der Haufen wächst und wächst. Kann dann der Sperrmüll-Anmelder mit einer Sondergebühr belangt werden, weil die Freimenge überschritten wird? Nein, entschied das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Az.: 13 K 2592/08) – jedenfalls dann nicht, wenn der Sperrmüll auf einen öffentlichen Platz zu stellen war. Dann lasse sich eine Fremdnutzung nicht verhindern, befanden die Richter in einer pragmatischen Entscheidung.

Sogar Arbeitsrichter mussten sich bereits mit dem Thema Sperrmüll beschäftigen: Weil der Mitarbeiter eines Entsorgungsbetriebes ein wertloses Kinderbett an sich genommen hatte, war er von seinem Arbeitgeber daraufhin fristlos gekündigt worden. Wie zuvor das Arbeitsgericht, so erklärte auch das Landesarbeitsgericht Mannheim die Kündigung für unverhältnismäßig und damit für unwirksam (Az.: 13 Sa 59/09). (ftx)