Neustadter Rathausstraße: Historisches Gebäude restauriert

Ein zierendes Schieferdach dient als Witterungsschutz. Foto: aew




VON ANKE WANGER

Das Gebäudeensemble  „Steinhäuser Hof“ in Neustadt wird als ältester pfälzischer Bürgerhof betrachtet.  Bei einer Restaurierung hat die Stadt auch frühere Rekonstruktionsfehler beseitigt.


Eine Gruppe Touristen schart sich um ihre Reiseleitung auf dem Neustadter Marktplatz vor der nahen Stiftskirche. Weiter geht der Weg der Besucher, sie schlendern durch die Rathausstraße, wo ihr Blick über eine Reihe historischer Gebäude schweift. Rathausstraße Nummer sechs ist ein besonders farbenfroher Blickfang. Neben dem großen Tor weist ein Hinweisschild den Weg zum Standesamt mit Trausaal im ersten Stock. In kräftigem, erdigem Rot leuchtet die Fassade. Weiß abgesetzte, mit orangeblauen Umrandungen verzierte Gefache bilden einen reizvollen Kontrast.

Die lebhafte Farbigkeit des historischen Renaissance-Fachwerkbaus fällt umso mehr ins Auge, als seine Nachbargebäude Kontraste schaffen. Auf der einen Seite steht, strahlend weiß gekalkt, mit Sandsteingesimsen und einheitlich sauber nachgestrichener Quaderung, ein dreigeschossiger Stufengiebelbau. Zur anderen Seite schließt sich optisch ein Fachwerkhaus, ebenfalls aus der Renaissance, mit der „Kunstwerk Ladengalerie“ an, das in dezent gedeckten Farben gehalten ist. Eine baugeschichtliche Einheit bilden jedoch nur der farbenfrohe, große Renaissance-Fachwerkbau mit drei Stockwerken aus dem Jahr 1570 und der Stufengiebelbau aus dem 13. Jahrhundert.

Das Fachwerkhaus mit seinem Sockel aus massivem Stein und den verzierten Gewänden ist das Haupthaus eines stadtgeschichtlich und kunsthistorisch wichtigen Gebäudeensembles. Es ist auch bekannt unter dem zwar einprägsamen, aber historisch nicht belegten Namen „Steinhäuser Hof“, vormals Kubyscher Hof. Den ältesten Teil der Anlage bildet das gotische Stufen- oder auch Treppengiebelhaus, das als eines der ältesten profanen Wohnhäuser der Pfalz gilt. Der „Steinhäuser Hof“, zu dem zusätzlich West-, Rück- und Laubengang-Gebäude mit Innenhof sowie ein Treppenturm gehören, wird als ältester pfälzischer Bürgerhof betrachtet. Heute ist das Areal teilweise gewerblich genutzt.

 
Sechs Fassaden- und Dachsanierung gemeinsam veranlasst


Was einst im Eigentum von weltlicher Oberschicht stand, wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut. „Wir wollen uns den Originalen soweit als möglich annähern und für ein gutes Stadtbild sorgen“, erklärt Stefan Ulrich, Denkmalpfleger der unteren Denkmalschutzbehörde, zu den städtischen Restaurationen. Seine Erkenntnisse, wie man die Fassaden historisch korrekt restauriere, verdanke er nicht zuletzt den Recherchen zu seinem weiteren geplanten Buch unter dem derzeitigen Arbeitstitel „Fachwerkbauten der Pfalz“. So sei er immer auf der Suche nach authentischen Informationen von Baugestaltungen bis zur Farbgebung.

„Bei einer früheren Restaurierung kam es zu Rekonstruktionsfehlern“, erkannte Ulrich vor einigen Jahren. Man habe feststellen können, dass sich im ersten Stock des Fachwerkhauses, zur Rathausstraße hin, ein wichtiger Raum befunden haben musste, da noch betonende Erkervorrichtungen zu erkennen gewesen seien. Die „gute Stube“ habe immer auch nach außen wirken sollen, war sich der Denkmalschützer sicher. Der Fachwerkbau habe sich nicht mehr authentisch dargestellt. Da auch noch Restaurierungsbedarf bestanden habe und die Mittel im Haushalt der Stadt eingeplant gewesen seien, habe man „Nägel mit Köpfen gemacht“, schildert André Emser, technischer Mitarbeiter des Gebäudemanagements.

Um Geld zu sparen, seien mit bereits gestelltem Gerüst in der Rathausstraße sechs Fassaden- und Dachsanierung gemeinsam veranlasst worden. 20 Quadratmeter Giebel seien als Witterungsschutz neu verschiefert worden. Mit der Firma Ihrig aus Bad Dürkheim habe man eine historisch bewanderte Fachfirma gefunden, die in Absprache mit Ulrich die Fassade des Gebäudes gestaltet habe. Öl-, Leinöl- und Kalkfarbe seien für die Außenansicht und damit das Fachwerk, kunstvolle Schnitzereien, die Fenster und Gefache verwendet worden, erklärt Ulrich. Kein unpassendes Grau trübe mehr den Anblick, wie noch vor einigen Monaten.

Das große, original vorhandene Schmuckelement habe als Muster gedient, nach dem man weitere Elemente, die mittlerweile historisch belegt seien, aufgemalt habe. Holz sei optisch verbreitert worden. Nach historischen Befunden habe man das Rot für die Fläche von etwa 100 Quadratmetern ausgewählt, erklärt Emser. Plastizität sei in den Zeichnungen durch Licht und Schatten entstanden, beschreibt Ulrich. Stimmig dazu sei auch das ansprechend schwarz glänzende, neue Schieferdach gelungen. „Nun haben wir wieder eine sehr schöne Fassade, die dem Haus sein Gesicht zurückgegeben hat“, freut sich Denkmalschützer Ulrich. Zusammen mit dem angrenzenden Stufengiebelbau in ebenfalls genauer Ausarbeitung seien hier historische Gebäudefassaden wieder Instand gesetzt, bei denen ehemalige Nachlässigkeiten in der Rekonstruktion und Gebäudemängel mit einem überschaubaren, finanziellen Aufwand beseitigt worden seien.