Nicht immer hinterlassen Mieter nach dem Auszug eine Wohnung derart perfekt vorbereitet zum Tapezieren. Foto: dpa
Eine Wohnung, in der die Tapeten nur zum Teil entfernt wurden, ist nur schwer vermietbar. Aber müssen ehemalige Mieter deshalb Schadenersatz leisten, wenn sie eine abgesprochene Renovierung abbrechen? Diese Frage beschäftigt ein Landgericht und den Bundesgerichtshof.
Karlsruhe. Bricht ein Mieter die Renovierung eines Hauses mitten in der Arbeit ab, kann der Vermieter Anspruch auf Schadenersatz haben. Alte und kaputte Tapeten können aber so viel an Wert verloren haben, dass nur ein geringer Schaden entstanden ist.
Das berichtet die Zeitschrift „Das Grundeigentum“ des Eigentümerverbandes Haus & Grund Berlin (Nr. 19/2019). Sie verweist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Az.: VIII ZR 263/17). Gerichte müssen deshalb auf das Alter und den Zustand der angeblich beschädigten Sache eingehen. Vermieter sind in der Beweispflicht.
Landgericht: Teilabriss schränkt Vermieterin ein
Im verhandelten Fall hatte die Vermieterin dem Mieter erlaubt, das Haus zu renovieren. Dafür entfernte er einige Tapeten. Als der Mieter erfuhr, dass das Haus verkauft werden sollte, stellte er die Arbeiten ein. Später endete das Mietverhältnis, und der Mieter zog aus. Die Vermieterin klagte auf Schadenersatz.
Das Landgericht sprach ihr in zweiter Instanz 80 Prozent der Kosten für die Neutapezierung der betroffenen Wände zu. Denn der Mieter habe in die Entscheidungsfreiheit der Vermieterin eingegriffen. Ohne den Teilabriss hätte sie die Wohnung nach Ansicht des Gerichts unrenoviert weitervermieten können oder sich mit dem Nachmieter einfacher darauf einigen können, dass dieser die Renovierung übernimmt.
BGH: Verschlissenes kann nicht fast Neuwert haben
Den BGH überzeugte das nicht: Zwar könne ein Schaden entstehen, wenn ein Mieter Tapeten entfernt, ohne neue anzubringen. Für die Höhe des Schadens sei aber der Zustand und das Alter der Tapete wichtig. Darauf müsse das Gericht eingehen. Im verhandelten Fall war die Tapete laut Mieter rund 30 Jahre alt, mehrfach überstrichen und habe sich bereits teilweise von der Wand gelöst. Sie sei deshalb wertlos gewesen. Als Klägerin musste die Vermieterin den Schaden und seine Höhe beweisen. Den Ansatz von 80 Prozent der Kosten hielt der BGH für nicht nachvollziehbar. Damit sei der Wert einer völlig verschlissenen Dekoration fast mit dem Neuwert angesetzt worden. Das Landgericht muss nun erneut über die Schadenshöhe entscheiden. (dpa)