Wahlerhof Zweibrücken: Bunte Bilder aus Schablonen

In der Wohnstube hat Hubert Stalter das Muster auf den unteren Teil der Wände mit der Walze gerollt, den oberen Teil mit Hilfe von Schablonen bemalt. Der Deckenbalken  oben rechts im Bild wurde 1782 eingebaut, der Baum war damals vermutlich schon 100 Jahre alt. Foto: srä




VON STEPHANIE BRÄUNLING

Es ist ein schmales Sträßchen, das zwischen Wald und Wiesen zum Wahlerhof führt. Er gehört zu Mittelbach-Hengstbach, einem Stadtteil von Zweibrücken. Auf dem Hof mit langer mennonitischer Tradition bewirtschaftet die Familie Stalter einen landwirtschaftlichen Betrieb. 1987 kauft Hubert Stalter das 1762 erbaute Gebäude neben seinem Elternhaus. Er schätzt die vorhandene Substanz des alten Gemäuers und bereitet sie mit authentischen Mitteln auf. Auch seinen Faible für Wandmalereien kann er hier ausleben, denn insbesondere die Schabloniertechnik hat es ihm angetan.


Der Wahlerhof blickt auf eine lange Tradition zurück. Erstmals wurde 1290 ein Hof innerhalb der Dorfmarke Bickenaschbach erwähnt, der jedoch während des Dreißigjährigen Krieges aufgegeben werden musste. 1686 hauchten ihm reformierte Schweizer Einwanderer neues Leben ein, 1789 übernahmen amische Mennoniten den Hof. Bereits seit seit mehr als 200 Jahren führt die Dynastie der Familie Stalter hier einen landwirtschaftlichen Betrieb. Das Haus, welches Hubert Stalter 1987 kaufte, hatte zuvor über 25 Jahre leergestanden. „Es war völlig unrenoviert“, erzählt er. Lediglich die Fenster seien bereits zweite Generation, vermutlich 1947 eingebaut. „Nach dem Krieg waren sie alle kaputt“, begründet er. Alles andere stamme aus der Ursprungszeit. Die Holzböden habe er abgeschliffen und versiegelt, die mit Gips ummantelten Holzbalken an der Decke freigelegt. Die Wände hat er mit einem Gemisch aus Kalk, Quark und Leinöl geweißelt, das Rezept dazu einem alten Buch entnommen.

Auffallend sind die Wandmalereien in sämtlichen Räumen. „Auch die habe ich alle selbst aufgebracht, das ist so ein Faible von mir“, berichtet er. Als Kind habe er gesehen, wie beim Abklopfen des Putzes in einem Raum solche Malereien zum Vorschein kamen. „Ein alter Anstreicher hat mir erklärt, dass das bis ungefähr 1930 mit Schablonen gemacht wurde.“ Für diese Schabloniertechnik habe man mit einem kleinem Messer Muster in große Papierbögen geschnitten und anschließend gefirnisst, damit sie nicht kaputt gingen. Zum Teil habe es Schablonen mit drei, vier oder fünf Mustern, einzelne gar mit bis zu fünfzehn Mustern gegeben. Nach jedem Anstrich sei die nächste Schablone darüber gelegt und mit einer anderen Farbe versehen worden, sodass bunte Bilder entstanden.

Eines der von ihm aufgemalten Muster hatte er in einem alten Haus entdeckt. Er habe es auf Butterbrotpapier abgepaust, auf kariertes Papier übertragen, darauf passend für seine Wände entwickelt und anschließend aus einem Tetrapack eine Schablone hergestellt. „Das löst sich nicht auf und man kann lange damit arbeiten“, begründet er dies.


Für jeden Raum gibt es eigene Muster


In seiner großen Sammlung besitzt er jedoch nicht nur selbst gefertigte Schablonen. „Ich habe welche geschenkt bekommen, die sind zum Teil schon 100 Jahre alt und wurden noch nie verwendet.“ Irgendein alter Maler habe sie gefertigt, ungeölt in einen Kasten gelegt und bei jeder Schablone die Farbe dazu geschrieben, damit ein schönes Bild entsteht.

Für jeden Raum gibt es eigene Muster. Ein beliebtes Küchenmotiv seien ein Krug und eine Schüssel mit dampfendem Knödel. Zuerst werde die Schablone mit einer Schüssel im Rohformat aufgelegt, darüber eine mit Gitter, dann eine für die Knödel, und alle mit einer anderen Farbe versehen. „Vermutlich hat es Leute gegeben, die nur solche Schablonen designt haben“, überlegt Stalter. Jedes Jahr sei ein neuer Katalog herausgekommen, am Stil habe sich immer etwas geändert, ähnlich wie heute. „Hoch modern war lange Zeit die Farbe Blau“, so Stalter. Zunächst sei diese schwer zu beschaffen und sehr teuer gewesen. Später habe sie sich jeder leisten können, und alle hätten blaue Wandmalereien anbringen lassen.

Noch später seien Walzen erfunden worden, womit ein Arbeiter innerhalb kurzer Zeit ein Zimmer fertig machen konnte. „Die ersten Walzen liefen mit einem Schwamm, der immer mit Farbe eingepinselt werden musste“, veranschaulicht Stalter. Habe man das nicht sehr sorgfältig gemacht, wären die Muster am Anfang dick, und später, wenn die Farbe aufgebraucht war, sehr dünn gewesen. Bei einer späteren Version habe es an der Rolle ein Fach für die Farbe gegeben. Mithilfe weiterer Zwischenrollen wurde die Farbe dann beim Auftragen gleichmäßig auf die eigentliche Musterrolle übertragen. Manche Farbrollen hätten sogar drei getrennte Teile für Farbe gehabt, wodurch bunte Wandmalereien entstanden. „Ich habe mit der Walze wohl auch manche Wand gestaltet, aber mit der Schabloniertechnik komme ich viel besser zurecht“, gesteht Stalter.

Zu bewundern sind diese Räume am Tag der offenen Tür, wenn Hubert Stalter seine Ostereierausstellung darin macht. Denn zu Ostern bemalt er einige der Eier von seinen Hühnern, die er normalerweise auf dem Wochenmarkt und an Wiederverkäufer verkauft, nach mennonitischer Art. Das hat er bereits als Kind von seiner Tante gelernt. Allerdings verwendet er dafür keine Schablone, wenn es auch fast so wirkt.